Im Kino: True Grit :: Regie: Ethan und Joel Coen
Nichts ist so anachronistisch wie der Western. Das älteste Genre der Filmgeschichte hat das Kino zu Beginn des 20. Jahrhunderts entscheidend vorangetrieben. Als Frühwestern bezeichnet man heute allerdings die Produktionen der 30er- und 40er -Jahre. Dann kamen die Edelwestern der 50er Jahre in Cinemascope und die Revolution des Italowesterns in den Sechzigern. Es folgten die Spätwestern von New Hollywood. 1980, nach der Pleite von „Heaven’s Gate“, war das Genre so gut wie tot. Dennoch bleibt es im Gedächtnis des Kinos sehr lebendig.
Viele Filmschaffende zum Beispiel nennen unter ihren Lieblingswerken auch einen Western, fast jeder bedeutende US-Regisseur hat irgendwann auch einen inszeniert. Kevin Costners „Der mit dem Wolf tanzt“ und Clint Eastwoods „Erbarmungslos“ waren die letzten, die mit diesem Genre einen Oscar abräumen konnten.
Aber das ist auch schon 20 Jahre her, und die wenigen Western seither haben nicht viel gerissen. Es lässt sich eben kein Geld verdienen mit Filmen, die ohne CGI- oder 3-D-Effekte und mit einer Pferdestärke auskommen müssen. Umso erstaunlicher und erfreulicher ist nun der Erfolg von „True Grit“ der Coen-Brüder. Ihr Remake von „Der Marshal“ mit John Wayne hat bereits 150 Millionen Dollar in den USA eingespielt und ist für zehn Oscars nominiert.
Makabre Ironie oder Gewaltexzesse wie in ihrem zuvor erfolgreichsten Film „No Country For Old Men“ gibt es diesmal allerdings nicht. Ihre Geschichte über einen alten Trunkenbold und ein renitentes Mädchen erzählen die Coens, die ohnehin zu den instinktsichersten Regisseuren gehören, vollkommen respektvoll als klassischen Western.
Die 14-jährige Mattie Ross (Hailee Steinfeld) bezahlt den eigenwilligen und einäugigen Marshal Rooster Cogburn (Jeff Bridges) dafür, im Indianergebiet den Mörder ihres Vaters zu jagen. Hinter Tom Chaney (Josh Brolin) ist auch der Texas Ranger LaBoeuf (Matt Damon) her. Die Männer brechen ohne Mattie auf, die ihnen aber so lange hartnäckig folgt, bis Cogburn beeindruckt einlenkt.
Der Ritt durch eine prachtvolle karge Waldlandschaft im Herbst ist ein ebenso amüsantes wie emotionales Kammerspiel. Spannung herrscht anfangs nur zwischen dem etwas vorwitzigen, aber zielstrebigen Kind, dem jungen Aufschneider und dem griesgrämigen Haudegen. In der Zweckgemeinschaft ist jeder vom anderen genervt – Cogburn säuft, LaBoeuf schwadroniert über seine Schießkünste, Mattie ist angewidert von beiden, die sie nicht ernst nehmen.
Neben der wunderbaren Steinfeld brilliert einmal mehr Bridges, wie er als Raubein durch den Bart nuschelt und giftig mit einem Auge funkelt. John Wayne kann er natürlich trotzdem nicht den Schneid abkaufen. Die Coens halten sich eng am Original und mit einem Epilog auch an die Romanvorlage von Charles Portis. Und den nach wie vor grandiosen Showdown im Tal haben sie gar mit nahezu identischen Einstellungen gedreht. An Legenden rüttelt man eben nicht.