Indigo Girls – Despite Our Differences

Vergessen Sie das mit dem 20jährigen Jubiläum – Amy Ray und Emily Saliers spielen mindestens seit 1980 zusammen, also wäre hier schon vor einigen Jahren etwas zu feiern gewesen. Ein Jubiläum markiert „Despite Our Differences“ nichtsdestotrotz: Das von Mitchell Froom produzierte Werk ist das zehnte – in einer beachtlich konstanten Karriere, die weder in qualitativer noch quantitativer Hinsicht größeren Schwankungen unterlag.

Dass sich wohl etwas ändern würde nach den letzten zwei, drei wunderschönen, aber in puncto Produktionsdesign und Grundton recht gleichförmigen Alben, war abzusehen – es hat ja Zeiten gegeben, zu denen die Platten der Indigo Girls wirklich unterschiedlich klangen. Hören Sie mal „Swamp Ophelia“ und dann „Shaming Of The Sun“! Für ein Folk-Duo ohne große revolutionäre Ambitionen ist das ein weiter Weg.

Nun also „Despite Our Differences“: Das erste Album nach dem Ende der Zusammenarbeit mit Epic ist kräftiger, direkter und bei aller Thementreue von einer überraschenden Frische und Gradlinigkeit durchzogen. Die US-amerikanische Presse reagiert schon und lobt über den grünen Klee; selbst die Konzerthallen scheinen eine Spur gröüer zu werden. Damit war nicht zu rechnen, um so erfreulicher der Umstand.

Offenbar haben Ray und Saliers sich entschlossen, hier und da aufs Filigrane zu verzichten und den Rock in ihrem Folk deutlicher nach außen zu kehren. Auf das völlig schnörkellose „Pendulum Swinger“ folgt praktisch im selben Tempo das im Chorus mysteriös harmonisierte „Little Perrennials“, bis schließlich der effektvoll simple Rocker „Rock & Roll Heaven’s Gate“ mit Pink(!) im Background und dem ungezügelten Matt Chamberlain an den Trommeln den lautesten Moment besorgt. Gut möglich, dass Amy Ray über das Ende der Butchies und Le Tigre, den von ihr unterstützten Girl-Punk-Bands, so betroffen ist, dass sie den härteren Teil ihrer musikalischen Identität ein Stückweit tiefer im Hauptwerk etablieren wollte. Mehr gekracht hat es bei den Indigos jedenfalls noch nie.

Ansonsten ist alles dabei, was hier zum guten Ton gehört: die intelligente, diesmal eine Spur weniger politische Lyrik von Emily Saliers, die knöcherigen Songs von Amy Ray, inhaltlich das Ringen um (Un-)Gerechtigkeit, (un-)eingeschränkte Liebe und die (Un-)Möglichkeit derselben im gespaltenen Diesseits.

Es braucht kein Jubiläum, um diese Platte zu feiern.

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