Joan Osborne – Little Wild One :: Die fabelhafte Sängerin kehrt zum robusten Roots-Pop-Sound zurück

Man könnte die Karriere von Joan Osborne zerfahren nennen, doch das wäre ein vorschnelles Urteil. Sicher geht hier einiges durcheinander, der Pop mit dem Soul, die Hitparade mit dem Eigenwillen. Aber Joan Osborne sieht das anders und freut sich über die Freiheit, die Dinge so machen zu können, wie sie will.

Die Wahl-New Yorkerin ist im Selbstverständnis vor allem Interpretin, die ihr Vermögen in ganz unterschiedlichen Zusammenhängen präsentiert. Osborne war als Frontfrau von The Dead unterwegs, sang mit den Funk Brothers in „Standing In The Shadows Of Motown“, nahm Soul- und Country-Alben auf— und hat also mehr zu bieten als nur „One Of Us“.

Das neue Album kehrt aber genau zu jenem Zeitpunkt zurück, als der Megahit und das dazu gehörige Album, „Relish“, entstanden. Denn für „Little Wild One“ arbeitete sie erstmals wieder mit Produzent Rick Chertoff sowie den Hooters Rob Hyman und Eric Bazilian zusammen. Kalkül wird nicht der Grund für die erneute Kollaboration sein — Hyman und Bazilian stehen als Songwriter nicht mehr so hoch im Kurs wie vor 15 Jahren. Und ihr traditioneller Roots-Rock-Sound ist sicher auch kein Garant mehr für eine Hitplatte.

Auf „Little Wild One“ geht es eher um innere Verbundenheit – zu den alten Freunden, zur amerikanischen Musik, zur neu geborenen Tochter, die oft zwischen den Zeilen Thema ist. Osborne singt robust-schlichte Eigenkompositionen zwischen Pop und Folk, deren Machart einem natürlich ein bisschen altbacken vorkommt. Doch schon der Opener, „Hallelujah In The City“, hat viel Charisma und macht Platz für Osbornes seelenvolle Stimme. Hier wie an anderen Stellen geht es um New York, das Osborne manchmal wie einen Liebhaber besingt. Jedenfalls wird die Stadt zu einem Ort, an dem Sinnlichkeit und Spiritualität zusammenfließen. Das sakrale „Cathedral“ hat eine wunderbare Melodie, das Titellied besticht mit Tremologitarre und leiser Reduktion. „Meet You In The Middle“ würde Carole King gut stehen, der inbrünstige front boren gosbel von „Bury Me On The Battery‘ erinnert an The Band.

Zugegeben: Osborne wirkt als Interpretin von Soul-Unumstößlichkeiten manchmal etwas zwingender als hier. Trotzdem ergibt „Little Wild One“ Sinn — als eine von vielen Möglichkeiten im Oeuvre einer fabelhaften Sängerin.

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