Joann Sfar :: Vampir
Der Prosa Prousts überdrüssig, von seiner halb pflanzlichen, halb menschlichen Freundin verlassen, tut Ferdi-nand das, was wohl jeder in seiner Lage tun würde: Der gemütsschwere Vampir zieht los, um Bücher und Platten zu kaufen. Seine Opfer beißt er übrigens nur mit einem Zahn, damit die Wunde nach einem Mückenstich aussieht. Und nachts schwebt er gern heimlich durch Museen, um die Sonne auf Gemälden zu betrachten. Als der leicht neben der Kappe wirkende und in Litauen hausende Nosferatu-Verschnitt einer rothaarigen Vampirin begegnet, die auf Gothic Punk steht und sich stante pede in ihn verknallt, ist das nur der Beginn einer Reihe romantischer Missverständnisse. Dass das kein gutes Ende nehmen würde, hätte er freilich ahnen können, glaubte sie doch, er habe seine Katze Imhotep nach einem gleichnamigen Rapper benannt und nicht nach dem berühmten Pyramidenbauer.
„Grand Vampire“, wie das französische Original heißt, ist ein Knotenpunkt im weitverzweigten Œuvre von Joann Sfar, was allein eine Fülle an Nebenfiguren belegt, die man aus anderen seiner Werke kennt. Dass nun die ersten vier farbenprächtigen Geschichten um den täppischen Blutsauger erstmals in deutscher Übersetzung erscheinen, sollte hierzulande Grund zur Freude für alle Comicfreunde sein. Der Szenarist, Zeichner und Filmregisseur mit einem auffälligen Faible für Katzen beweist sich in „Vampir“ ein weiteres Mal als Großmeister der wehmütigen Groteske. (Avant-Verlag, 29,99 Euro)