John Lennon :: Imagine

Lennons zweites Solo-Album mit seinem berühmtesten Song - remastered

Ganze zehn Monate nach John Lennon/Plastic Ono Band“ im Oktober 1971 veröffentlicht, war „Imagine“ das Album, von dessen Popularität Lennon „solo“ all die Jahre vor seinem einzigen Megaseller „Double Fantasy“ zehren konnte. Nur wenige der Songs („Crippled Inside“, „Jealous Guy“) waren hier noch auf so kompromisslose Weise Bekenntnis und Katharsis wie auf der voraufgegangenen, nach wie vor einzigartigen LP seiner Post-Beatles-Jahre. Man mag das drehen und wenden, wie man will: „Plastic Ono Band“ war ein weit radikaleres (privates wie künstlerisches) Statement als die folgende Kollektion von Balladen und Blues-, Protest-, Pop- und Rocksongs. Getragen von einer überschäumenden Welle der Sympathie, konnte der Ex-Beatle damals in seinem Marathon-Interview mit Jan Wenner behaupten: „The Beatles was nothing!“ (Was eh niemand ernst nahm.) Und allen Zweiflern drohen mit den Sätzen: „Don’t dare, don’t you dare fuckin‘ dare critize my work like that. You, who don’t know anything about it. Fuckin‘ bullshit!“

Die Kritiker sahen denn auch nicht erschrocken, sondern aus schierer Sympathie für den Mann über manche Schwächen dieser Arbeit hinweg. Etwa darüber, dass „It’s So Hard“ definitiv nicht die Klasse von „Yer Blues“ und stilistisch ähnlichen Lennon-Kompositionen aufwies. Oder dass ausgesprochen schlichtes Liedgut wie „Oh My Love“ nun wirklich keinen Vergleich aushält mit seinen grandiosen Liebesliedern, die er – von „In My Life“ bis zu „The Ballad Of John and Yoko“ – während der Beatles-Ära schrieb. Der frontale Angriff auf den alten Kumpel Paul mit „How Do You Sleep?“ und ätzenden, leicht holprig gereimten Versen wie „The sound you make is muzak to my ears/ You must have learned something in all those years“ hat im so verächtlichen wie hochmütigen Tonfall bis heute ein Moment von Peinlichkeit behalten. Schließlich war das von McCartney für das eigene Solo-Debüt komponierte „Maybe I’m Amazed“ als Popsong eine definitiv hinreißendere Liebeserklärung als „Oh Yoko!“.

Praktisch unbegrenzten Kredit verschaffte dem Album der alle anderen überragende Titelsong. Dessen Botschaft hallt so mächtig nach wie die von „Give Peace A Chance“ und auch „Happy Xmas (War Is Over)“. Als immer noch uneingelöste Utopie, die in ihrem Fundamentalismus trotzig ihre inneren Widersprüche aushalten will. Phils Spector, Produzent von „Imagine“, muss mittlerweile – obwohl erst 59 – an schwerem Alzheimer leiden. Denn die anlässlich dieser Wiederveröffentlichung aufgestellte Behauptung, Jmdgine“sei eigentlich eine Mono-Produktion gewesen, ist natürlich barer Unsinn. Der einzige lupenreine Mono-Mix auf der LP war der von „How Do You Sleep“. Und genau den Song präsentiert die Neuausgabe im so ungefähr besten Stereo-Remix überhaupt. So bewundernswert man Spectors Arbeit als Co-Produzent beim Plastic Ono Band-Debüt immer noch finden mag, so stümperhaft war sein Mixdown bei Jbnagine“, wo mehr als ein halbes Dutzend engagierter Köche (sprich Tongenieure) am Ende den Klang zu Brei verdarben. Was immer er an wall of sound-Vorstellungen bei „I Don’t Wanna Be A Soldier Mama“ hatte, macht erst der neue Remix hörbar. Statt zweidimensionalem Kompress-Sound haben die meisten Aufnahmen jetzt erstmals eine überzeugend rüberkommende dreidimensionale Räumlichkeit Die teils üppig eingesetzten Streicher, vorher so stumpf und glanzlos, strahlen jetzt zumindest ein wenig. Klangen Harrisons Dobro- und Slide-Soli – laut Lennon die besten seines Lebens, wenn die Zitate in Richard Williams‘ Spector-Biografie „Out Of His Head“ stimmen – vorher so, als hätte da ein Depp die mit einem Tiefpassfilter bei 2 KHz abgeschnitten, so kommen sie jetzt klangfarbentreu wie nie zuvor auf LP oder früherer CD rüber. Das Saxofon von King Curtis, der wenige Monate nach diesen Sessions ermordet wurde, hört man endlich und muss es nicht nur erahnen. Die wichtigsten Korrekturen aber nahm Remix-Ingenieur Peter Cobbin bei Lennons Gesang vor: Die zuvor weithin verfärbte und tief unten im Mix begrabene Stimme wurde entschieden in den Vordergrund gemischt und klingt endlich so wie auf seinen besten Aufnahmen.

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