Joni Mitchell – Travelogue :: NONESUCH/EASTWEST

Die Lust auf dieses Album ist Joni Mitchell wohl bei den Aufnahmen zu ihrem 2000 erschienen Sonderwerk „Both Sides Now“ gekommen – Mitchell hatte inmitten lauter orchestral arrangierter Jazzstandards zwei eigene Songs auf eben diese Weise neu in Szene gesetzt, und das geschieht mit „Travelogue“ nun abendfüllend. Auf zwei CDs schreibt Mitchell im Rückblick eine Reisetagebuch ihrer mehr als drei Dekaden umfassenden Musikfahrt und deutet 22 Lieder aus dem großen Oeuvre auf ganz neue Weise.

Natürlich gibt sich Mitchell nicht die Blöße, bloß ihre Verkaufsschlager von einem klassischen Ensemble nachspielen zu lassen. „Travelogue“ verzichtet auf eine blöde Hit-Revue und sucht nach Songs, die aus dem Orchestergraben zu ganz neuem Leben aufsteigen können, darunter in die Jahre Gekommenes wie „The Circle Game“ und „Woodstock“, jazzig Inspiriertes wie „God Must Be A Boogie Man“ und gar nicht so Altes wie „Sex Kills“ oder „Borderline“.

Für Larry Klein und Vince Mendoza sind diese Songs natürlich eine Steilvorlage. Wunderbar, wie die beiden Virtuosen Mitchells eigenwillige Folk-Jazzakkordik in die Partituren überführen, indem sie nicht bloß nachahmen, sondern mit schwebenden Klangwolken und aufwändigen Harmoniegerüsten Pendants schaffen, die die Originale wahrhaftig transzendieren. Schön zu hören ist das etwa bei „For The Roses“: Hundert Geigen zirpen dräuend, eine Klarinette wagt ein eruptives Appegio, dann stellen Flügelhörner die dramatische Chromatik des Originals in einen sowohl rhythmisch als auch harmonisch ganz ungewohnten Zusammenhang. Darüber hebt die Mitchell die Stimme, eine Stimme, die zwar Jazz meint, aber auf alles überflüssige, selbstverliebte Croonen verzichtet und so die melodiöse Integrität des eigenen Werkes bewahrt.

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