Joni Mitchell – Turbulent Indigo
Eine lange Pause. Drei Jahre sind vergangen, in denen spekuliert wurde, sie sei krank, arbeite dennoch, male und komponiere weiterhin. Ihren langjährigen Vertrag habe sie verloren, unzählige neue Lieder seien fertig, und tatsächlich, beim weltumfassenden TV-Spektakel „Great Music Experience“ in Japan brachte Joni Mitchell bereits im Juni neues Material zu Gehör. Nun hat die „Lady Of The Valley“ endlich einen neuen Vertrag, und zehn ihrer filigranen Songgebilde füllen das inzwischen 17. Album ihrer 27jährigen Karriere. In Anlehnung eines ihrer frühen Werke, „Blue“ (1971), befaßt sich die studierte Malerin wieder mit allen Schattierungen von Blau, atmosphärisch wie bildlich, melodisch und auch emotional. Joni Mitchell hat nichts am Arbeitsstil ihrer letzten Alben geändert. „Turbulent Indigo“ scheint wie eine nahtlose Verbindung zu „Night Ride Home“, die vor drei Jahren erschienene CD. Vergleicht man ihren ersten Hit „Both Sides Now“ mit dem neuen Titelsong oder auch „Last Chance Lost“, so ist eine bemerkenswerte künstlerische Entwicklung einer der spannendsten Song-Dichterinnen unserer Zeit festzustellen: von der romantisch aufgeweckten 24jährigen zur kritisch intellektuellen Musikerin, die mühelos im Garten der Stilarten erntet. Unaufdringlich ausgefeilte Arrangements und schlichte bis hochkomplizierte Texte, oft zeitgemäß trübe („Sex Kills“).
Mitchells Gesang strahlt, trotz der Tiefe, die die Stimme der Kettenraucherin inzwischen erreicht. Joni Mitchell arbeitete wieder mit ihrem Mann, dem Bassisten Larry Klein, an der Produktion, schrieb wieder mit David Crosby („Ivette In English“) und sang mit Seal den bewährten Hit „How Do bu Stop“. Anläßlich einer Konferenz des Canadian Councils Of Art hatte Joni sich lange mit dem vorgegebenen Thema Van Gogh beschäftigt. Ihre daraufgemalte todtraurige Selbstdarstellung als Vincent ohne Ohr hätte sie uns ersparen können. Vor ihren neuen Songs jedoch, die sie uns wie eine gute Freundin als Geschenk überreicht, können wir uns nur dankbar verneigen.