Joschka und Herr Fischer :: Regie: Pepe Danquart
60 Jahre BRD. Wollte man für einen Film die Nachkriegsgeschichte aufbereiten, bräuchte man schon eine zwölfteilige Reihe und einige Hundert Zeitzeugen. Pepe Danquart, der 1994 für seinen Kurzfilm „Schwarzfahrer“ mit dem Oscar ausgezeichnet wurde, gelingt es in 140 Minuten entlang der Biografie von Joschka Fischer. Das verwundert nur kurz.
Tatsächlich symbolisiert kaum ein anderer die gesellschaftlichen Prozesse in Deutschland so umfassend wie der ehemalige linke Straßenkämpfer und grüne Außenminister. 1948 geboren, war er als Sohn von katholischen Ungarn-Deutschen erst Ministrant, später „ganz logisch“ in der Jungen Union. Vor einer Videoinstallation, auf der Bilder aus 300 Stunden Archivmaterial flimmern, kommentiert Fischer spontan die historischen Ereignisse mit persönlichen Erinnerungen und faktischen Erläuterungen.
Bei der Aufarbeitung des Holocaust und der „entgrenzten“ Gewalt während der 68er-Proteste wird er nachdenklich, ja emotional. Selbstironisch und nicht gar so eitel wie bei seinen letzten öffentlichen Auftritten erzählt er vom ewigen Streit mit den Fundis bei den Grünen, selbstkritisch von seinen Fehlern als hessischer Umweltminister – und dass er bei der Amtseinführung gerne auf Turnschuhe verzichtet hätte. Ein packendes, von Demut vor der Geschichte geprägtes Porträt.