Karen Rüssel – Schlafanstalt für Traumgestörte

Schlafanstalt für Traumgestörte (Kein & Aber, 18,90Euro) von Karen Rüssel restituiert in zehn mittellangen Erzählungen die magisch-kindliche Sichtweise auf die Realität, in der Liebe und Grauen noch kein Maß kennen. Sie erzählt sprachlich ambitioniert und durchaus bildmächtig, immer auf Augenhöhe von Ava, die es für völlig normal hält, wenn die ältere Schwester Nacht für Nacht von einem Geistergeliebten heimgesucht wird; oder von Timothy und Wallow, die jeden Abend hinaus aufs Meer fahren und den Geist ihrer ertrunkenen Schwester finden wollen – und was sie bei ihren Tauchgängen zu sehen bekommen, ist wirklich nicht von dieser Welt. Rüssel nimmt nichts davon wieder zurück, sie bleibt völlig innerhalb der geheimnisvollen, surreal erweiterten Albtraumgegenwart der Kinder, bietet nirgendwo eine rationale, erwachsene Erklärung an. Das Verstörungspotenzial dieser Erzählungen ist deshalb so groß, weil sie dem Leser diese Perspektive nach allen Regeln der Imaginationskunst aufzwingt. Ein modernes Märchenbuch, ein beeindruckendes Debüt.

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