Kritik zu „Roar“ – Oberflächlicher Empowerment-Feminismus

Talentierte Künstlerinnen vor und hinter der Kamera verhindern leider nicht, dass die Cecilia-Ahern-Adaption einfach mit viel zu wenig Biss daherkommt.

Die Ansprüche, die Apple TV an sich selbst und sein Programm stellt, sind seit vergangenem Jahr überdeutlich: Hochklassige High End-Titel für eine Marke, die sich als Premiumangebot unter den Streamern versteht. In der Folge sind es bis auf wenige Ausnahmen die großen Namen, die den Eigenproduktionen vor und hinter der Kamera Glanz verleihen sollen.

„Roar“ punktet da gleich auf mehrfacher Ebene. Die Vorlage der stark besetzten Anthologieserie liefert eine Kurzgeschichtensammlung von Bestsellerautorin Cecila Ahern. Diese hatte bisher vor allem mit melodramatischen Liebes- und Beziehungsromane weltweit Millionen Leser*innen gefunden.

Dementsprechend oft sind Aherns Werke dann auch schon verfilmt worden: „P.S., ich liebe Dich“ – bei einer Umfrage des ZDF zum liebsten Buch der Deutschen immerhin auf Platz 84 gelandet – ist mit seiner Holzhammer-Rührigkeit perfektes Beispiel für die perfekte Verquickung von Tragik, Romantik und Melodramatik, in die sich Aherns Leser*innen gerne werfen und die auch von Hollywood gerne adaptiert wird.

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Radikal und feministisch? Eher nicht!

Umso überraschender, dass „Roar“ sich aus seichteren Gewässern in tiefere Gefilde vorwagt – „provokant“, „radikal“ und „feministisch“ seien im Tenor die hier versammelten Geschichten, wird auf dem Cover geworben. Die gleichnamige Anthologieserie schnappt sich nun acht der mit magischem Realismus gewürzten Erzählungen und widmet sich dabei der Frage, was es heißt, eine Frau in der bewegten Hashtag-Ära von MeToo und BLM zu sein.

Um schwarze Repräsentation in Hollywood geht es da, um Frausein in den Zeiten toxisch misogyner Subkulturen, um Schönheitsideale, um Muttersein und Erfolg im Beruf abseits tradierter Geschlechterrollen.

Große und sehr gegenwärtige Themen also, die glücklicherweise immer öfter ihren Weg in Film und Serie finden. Vielversprechend auch, dass die beiden Drehbuchautorinnen, Liz Flahive und Carly Mensch, Schöpferinnen der Wrestlingserie „GLOW“ und bewandert in starken und ungewöhnlichen Frauenfiguren, Aherns Vorlage adaptieren. Eine Handvoll hochtalentierter und namenhafter Regisseurinnen und Darstellerinnen leihen ihr Talent, darunter Issa Rae, Rashida Jones und So Yong Kim.

Nicole Kidman nimmt sich derweil in Personalunion von Produzentin und Darstellerin offenbar Reese Witherspoon zum großen Vorbild. Witherspoon hatte zuletzt mit großer Erfolgsquote Bestseller adaptiert: „Big Little Lies“, „The Morning Show“ und „Little Fires Everywhere“ waren drei Projekte, bei denen sie als Produzentin jene Rollen erschuf, für die sie selbst gerne vor der Kamera stand.

Viel zu oberflächlich

So weit, so erfolgsversprechend wirkt „Roar“ auf dem Papier. Doch irgendwo unterwegs missglückte die Vermengung der Erfolgszutaten. Was teils jedoch der missglückten Vorlage zuzuschreiben ist. Wie schon die Buchvorlage, serviert auch „Roar“ jene Art von oberflächlichem Empowerment-Feminismus, der eher wie Modeerscheinung, denn wie Überzeugungstat wirkt.

Die meisten der Einzelgeschichten erweisen sich nicht als feministischer Sprengstoff am Bollwerk des Patriarchats, sondern wirken wie Show-Feuerwerk aus unsubtilen Allegorien, plumper Dramaturgie und eindimensionalen Stereotypen. Gepaart mit reichlich Naivität wird hier eine viel zu simple Weltsicht gebaut, deren Typisierung als „feministisch“ beinahe wie ein Affront wirkt.

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Was wahrscheinlich noch zu verzeihen wäre, wenn „Roar“ wenigstens zu unterhalten verstünde. Doch mit uninspiriertem Rhythmus und fehlendem Verve fühlen sich manche der Episoden sehr viel länger als ihre halbstündige Laufzeit an. „Roar“ wirkt deshalb in der Gesamtheit weniger wie das Brüllen einer Löwin, als der Titel suggerieren will, sondern wie das kraftlose Maunzen eines Stubentigers.

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