Led Zeppelin :: Mothership
Zwei CDs und eine DVD feiern das Erbe der Kolossal-Band.
Mit der Luxusausgabe von „Mothership“ wollte man allen Fans sicher etwas Gutes tun. Die bietet zum kleinen Aufpreis knapp zwei aus den gut fünf Stunden Video-Material des DVD-Sets von 2003-streng editiert, um letzteres nicht überflüssig zu machen. Parallel hegt jetzt auch „The Song Remains The Same“ in restaurierter und erweiterter Fassung vor. Da stellt sich einmal mehr die Frage, ob die Band nicht klug beraten gewesen wäre, wenn sie nach dem Vorbild des in der Hinsicht kompromisslosen Dirigenten Sergiu Celibidache die Idee eines Live-Albums zu Lebzeiten konsequent verworfen hätte. Es gibt ja von Jeff Beck, Nat King Cole und Bob Dylan (Judy Garland nicht zu vergessen!) bis zu Rolling Stones, Who und Frank Zappa Live-Platten (legal, illegal, ganz egal), die Sternstunden konzertanten Musizierens waren. Von Led Zeppelin existiert kein einziger „ungeschönter“ Konzertmitschnitt, bei dem die Band in ähnlich überragender Form gespielt hätte, schon gar nicht beim Soundtrack zu „The Song Remains The Same“. Obwohl genau geplant, schwang sich die Band damals im Madison Square Garden auch nicht näherungsweise zur Form der Konzerte von 1970/71 auf. Aus mehreren Auftritten 1972 in Los Angeles zu einem quasi fiktiven Konzert montiert, bediente und bestätigte das 2003 veröffentlichte Set „How The West Was Won“ noch am ehesten Erinnerungen von Zeitgenossen, die Led Zeppelin in frühen Jahren auf der Bühne erlebt hatten. Der Zeit, als man noch nicht der Lust an Marathon-Medleys und instrumentalem Schabernack frönte, bis der aufmerksam Schlagzeuger daran erinnerte, wieder mal zur Sache zu kommen und den Exzessen ein Ende zu machen.
In der Erinnerung mag sich manches bekanntlich verklären. Jetzt fällt im Vergleich dagegen eher auf, dass die Live-Interpretationen nur in seltenen Fällen mal die Studioversionen transzendierten. „Black Dog“ war so ein Fall (nur war das ja auch ein relativ lausiger Studio-Mix, für sich genommen und auch gemessen an anderen des Albums) und „Kashmir“ ebenfalls, zwar auch kein Glanzstück an Abmischung, aber bei Konzerten später immer eine der auch klanglich besseren Darbietungen. Nicht verblüffend, sondern bezeichnend ist, welche der absolut hochkarätigen Songs die Band nie live spielen mochte, sich lieber auf die allseits geschätzten Publikumsfavoriten verließ. „Custard Pie“ ist einer dieser Songs, das von Blind Boy Füller 6? Co. inspirierte Stück Hardrock, bei dem auch Page mit äußerster Konzentration zur Sache ging und ein Solo von zumindest ähnlichem Kaliber spielte wie Keith Richards 1968/70. Im Gegensatz zu anderen Page/Plant-Dauerbrennern ist „Custard Pie“ eher unterschätzt, obwohl es die perfekte Einstimmung auf das ganze folgende „Physicui Graffiti“ war und die Band wie bei den LPs vorher auch sich beim Sequencing garantiert sehr genau überlegt hatte, warum sie eben den an den Anfang setzte.
Der Song mit dem simplen, gleichwohl fabelhaften Riff fehlt unter den allerbesten auf diesem Mutterschiff: Jimmy Page gab im Zweifelsfall den bis zum Überdruss gespielten Evergreens im Katalog den Vorzug, wie im Fall des Triple-Sets „Dyldii“unlängst passiert, mehr die populärsten denn die tatsächlich allerbesten berücksichtigend. Dass für „Gome To California“, „Tangerine“ und „What Is And What Never Should Be“ noch reichlich Platz gewesen wäre neben diesen zwei Dutzend Aufnahmen: geschenkt. Aber auch einen Song wie „That’s The Way“
zu unterschlagen – nicht nur auf dem dritten Album, sondern im ganzen Katalog der Band einer der allergrößten — ist beim besten Willen nicht mehr nachvollziehbar.
Im Übrigen hält sich der Mehrwert bei der Remastering-Qualität in engen Grenzen. Die paar dB mehr Pegel — wie mittlerweile üblich, knapp unter maximal zulässigem-bedeuten, dass alles „lauter“ als beim letzten Remastering wurde. Aber ein kompletter Remix, wie ihn die Witwe im Fall aller Platten von John Lennon anordnete, hätte größeren Zugewinn bei der Klangqualität bedeutet.