Lil‘ Kim – The Notorious K. I. M

Die Disziplin heißt Bitch as Bitch can, die Gewichtsklasse Pretty Heavy. Im Halbfinale ausgeschieden sind Eve und Da Brat. Den Endkampf bestreiten Foxy Brown und Lil‘ Kim. Es ist ein fieser Fight. Die Kontrahentinnen arbeiten mit allen, auch den gemeinsten Tricks, hinterfotzig wie vorderfotzig. Das Hardcore-Rap-Regelwerk passt sich flexibel jeder neuen, noch härteren Gangart an. Verboten sind nur Angriffe auf Gott, Jesus und die Säulenheiligen des HipHop. Mach sie fertig, die Ghetto-Nigger und Second-Class-Bitches, doch zweifle niemals an Puffy, Biggie, Pac.

Foxy Brown hat, clever, clever, den Kotau vor der Dreifaltigkeit bereits in den Liner Notes ihrer LP „Chyna Doll“ absolviert und eröffnet die erste Runde mit ihrer eigenen Geburt. The birth of the bitch. Der Kreißsaal, ein Inferno. Die Welt, sie bebt. Und wir sind dabei. A hardact to follow. Doch Lil‘ Kim lässt sich nicht lumpen, kontert in ihrem Opener mit einer Gerichtsverhandlung. „Your honor, Lil‘ Kim is a threat to society“, erklärt der Staatsanwalt, „and has killed six fine law enforcement agents in the line of duty.“ Cool, das sitzt. Und erst Kims Plädoyer-Rap. Truly fuckin‘ brilliant. „I may be hard core but I’m not Jeffrey Dahmer.“ A bitch gotta do what a buch gotta do.

„The Notorious K.I.M.“ hat Kimberly Denise Jones ihre neue LP genannt, mehr als nur eine Anspielung auf den gekillten B.I.G, dessen Andenken selbst den Westcoast-Posses sakrosankt ist. Kim stellt sich in Bigs gewaltigen Schatten. Sie darf das, war ihm zu Lebzeiten Lover, Muse, Komplizin. Und Puff Daddy ist nicht nur Kims „Mentor und Bruder“, sondern coacht sie auf dem neuen Album auch als Co-Produzent. Ein Coup. Denn es sichert ihr nicht nur Puffys Standing im Crossover-Tauziehen, sondern auch seine berüchtigte Sirup-Strategie, wenn es um Arrangements geht. Eine stellenweise sehr verführerische Dialektik aus sexueller wie politischer Militanz und dieser Pufftypischen Konzilianz in Musik und Mode. „Nigger, fuck you“, keift Kim in „Suck My Dick“. „No, fuck you, bitch“, ist die Replik. Ein Prolog nur zur verbalen Schlammschlacht ums sexuelle Supremat, knallhart, aber schön langsam und lasziv, zum Mitrappen in der HipHop-Karaoke-Bar, mit schwelgerischer Melodie und hübsch ornamentiert mit einem Gitarrenmotiv von Segovia, akustisch und allerliebst. „What I wanna do is get my pussy sucked“, lüstert Kim und wünscht sich obendrein „a million bucks“. Lukullisch und idyllisch, der HipHop-Himmel, Puffy bläst Puderzucker in Nigger-Ärsche, und alle Motherfuckers singen unisono: Hail, Queen Bitch!

Den Star-Auftrieb hätte es indes nicht gebraucht. Weder Mary J. Blige noch Grace Jones, nicht Sisqo noch die sülzigen Biggie-Samples. Weniger wäre mehr gewesen, doch HipHop ohne Overkill ist UnhipHop, und Lil‘ Kim ohne ihre Klitoris-Lyrik womöglich ein nettes Mädchen. „Sex is terribly overrated“, erklärte sie neulich, „I like it but I don’t do it much.“ Bellende Hunde beißen nicht, Bad Girl Kim könnte keinem Nigger ein Schamhaar krümmen. Foxy schon. Weshalb die Jury am Ring entscheidet: Foxy vier Sterne, Kim dreieinhalb. Freuen wir uns auf die Revanche.

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