Madonna – Confessions On A Dancefloor

Madonna war revolutionär in den 80er Jahren, staatstragend in den 90ern, doch nach „American Life“ fielen ihre Single-Verkäufe in ein tiefes Kaballah-Loch – lediglich der Titelsong schaffte es noch in die Billboard-Charts (Platz 37!). Verständlich also, daß die Königin des Materialismus nun wieder an die guten alten Zeiten anknüpfen möchte: „Confessions On A Dancefloor“ ist ein lupenreines Disco-Album geworden, ein pumpender crowd pleaser, der jedem DJ die Freudentränen in die Augen treiben wird.

Doch wer außer Kylie-Minoque-Fans, schwulen Hedonisten und unverbesserlichen Club-Nostalgikern Ende 30 wartet 2005 auf ein Disco-Album? Geht es also tatsächlich um die Lebensbeichte einer Frau in den besten Jahren, die sich zurücksehnt nach einer Jugend unter der glitzernden Discokugel? Wer sie bei den „MTV Europe Music Awards“ und bei „Wetten, dass…?“ im knappen Dress tanzen gesehen hat (die Stimme kam freilich aus dem Playback-Automaten), der könnte fast glauben, daß sie eine Zeitmaschine erfunden hat.

Mit einer großen Handvoll Sternenstaub aus Abbas „Gimme! Gimme! Gimme!“ eröffnet die Single „Hung Up“ den pumpenden Reigen. Wie die meisten Stücke des Albums wurde auch dieses geschrieben und produziert von Madonna und Stuart „Zoot Woman“ Price. Der alte Weggefährte Mirwais ist nur noch bei der Giorgio-Moroder-Hommage „Future Lovers“ als Autor und Produzent genannt, an „Let It Will Be“ hat er immerhin mitgeschrieben. Das hübsch hüpfende ,Jump“ entstand in Zusammenarbeit mit Joe Henry. Im Vergleich mit dem betont abwechslungsreichen Vorgänger „American Life“ fällt auf, wie homogen „Confessions On A Dancefloor“ geworden ist: Der Four-to-the-floor-Housebeat dominiert, immer wieder wird der Sound nach alter Chicago-House-Manier durch diverse Filter gejagt. Mit seinem verzerrten Rock-Baß und der Sonic Youth-Anmutung ist „I Love New York“ eine willkommene Ausnahme. Auch das an Ofra Haza und „Frozen“ erinnernde, „Isaac“ – mit einer Spoken-Word-Einlage von Yitzhak Sinwani – fällt aus dem Rahmen.

Technisch ist das alles perfekt und auf der Höhe der Zeit. Doch es ist eine emotionslose Musik, die nicht weitergeht auf der Suche nach neuen Beats und den Sounds der Stunde. Und verglichen mit den großen Disco-Diven wie Gloria Gaynor und Donna Summer hat Mrs. Ritchie halt immer noch dieses Piepsstimmchen. Am Anfang ihrer Karriere – auf den sie sich mit „Confessions On A Dancefloor“

ausdrücklich bezieht – hatte das einen niedlich quäkenden Trash-Charme. Disco war noch jung und Madonna ebenfalls. Doch reicht eine aufgetunte Reminiszenz an alte Zeiten, um die immer aufmüpfiger und besser werdende Gwen Stefani in die Schranken zu weisen? Der Tanzboden, dem Madonna ihre Beichte anvertraut hat, bleibt dazu stumm.

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