Madonna – Hard Candy

Sorgfältig hergestellter, makelloser Pop für den Weltmarkt

Seit einer Weile läuft im Hintergrund das neue Madonna-Album. Aber wenn man nicht so ganz genau zuhört und dabei Mails beantwortet oder sonst etwas tut, vergisst man schnell, wer da gerade singt. Spielt das in diesem Fall überhaupt eine Rolle? „Hard Candy“ ist quintessenzieller Pop, ein sorgfältig hergestelltes Produkt für einen globalen Markt.

Die Produzenten Pharrell Williams, Timbaland und Nate „Danja“ Hills muss man in diesem Zusammenhang als Handwerker sehen, als Meister ihrer Zunft — niemand weiß besser, wie ein tanzbarer Popsong im Sommer 2008 zu klingen hat. Madonna singt und textet, klar, und sie ist Executive Producer, was wohl heißt, dass bei ihr alle Fäden zusammenlaufen. Man darf aber davon ausgehen, dass hier in jedem Bereich hervorragende Berater und Experten mitreden. Illusionen über künstlerische Selbstentäußerung oder das Bedürfnis, eine persönliche Geschichte zu erzählen, müssen wir uns deshalb nicht hingeben. „Hard Candy“ist das Äquivalent zu einem hervorragenden, von Stiftung Warentest empfohlenen Hi-Tech-Gerät. Liebe kann man nicht kaufen, Musik schon. Und natürlich wurde hier alles gegeben, um die Konsumenten zufriedenzustellen. „She’s Not Me“ zum Beispiel spielt mit der momentan grassierenden Sehnsucht nach der Naivität und Unschuld der frühen Disco-Tage – dort liegt ja auch die Kernkompetenz von Madonna, hier ist sie als Kunstfigur fast schon „authentisch“: Eine hedonistische Trillerpfeife, der Gitarrensound von Chic, das verführerische Glockenspiel von Anita Wards „Ring My Bell“, symphonisch-synthetische Streicher und ein den Unterleib kitzelnder Bass – alles ist da. Doch nichts rumpelt und schlingert wie damals bei „Everybody“ oder „Holiday“.

„4 Minutes“ ist der 37. Top-Ten-Hit von Madonna in den „Billboard“-Charts—nichteinmal Elvis kannda mithalten. Doch der King hatte nur Songs, die Queen bietet mit „4 Minutes“ eher musikalische Achterbahnfahrt – Timbaland und Timberlake at their best. Alles ist erfüllt vom Rütteln und Schütteln, Hörner blasen, Bässe bollern. Kann man sich einer solchen Euphorie-Maschine überhaupt verweigern? Nein, musikalisch geht das neue Madonna-Album voll in Ordnung, mit Kanye West und „The Beat Goes On“ wühlt sie sich sogar in den Sound des urbanen R&B (obwohl ihr dafür natürlich schon die Stimme fehlt). Das Cover und das Booklet sind dagegen unterirdisch, ein missratener Rückfall in die Gaultier-Jahre. Auch Madonna kann sich mal irren.

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