Margin Call :: Kevin Spacey, Jeremy Irons

Regie: J. C. Chandor Start: 29.9.

Die Pleite von Lehman Brothers war 2008 erst der Anfang. Das Nachbeben erschüttert gerade wieder Börsen und Staatskassen. Wie es in solchen Momenten in den Führungsetagen der Branche zugehen könnte, zeigt Regiedebütant Chandor mit einem virtuos verdichteten Krisenszenario auf. Der alternde Dale (Stanley Tucci) wird entlassen, weil seine Abteilung nicht rentabel ist. Bevor der Risikoanalyst mit einem Pappkarton vom Sicherheitsdienst auf die Straße geleitet wird, übergibt er dem jungen Peter (Zachary Quinto) seine Daten. Der schaut nach Feierabend kurz drüber – und holt geschockt einen Kollegen aus der Bar. Sie rufen ihren Leiter Emerson (Paul Bettany) an, der wiederum klingelt seinen Chef Rogers (Kevin Spacey) herbei. Denn das Unternehmen ist bankrott, die vermeintlichen Profite sind auf Schulden aufgebaut. Nach jeder Sitzung geht es ein Stockwerk höher, in ein anderes Büro, zu weiteren Vorgesetzten. Stets wird die Atmosphäre frostiger, der Ton aggressiver. Bis alle beim Oberboss John Tuld (Jeremy Irons) sind, der mit zynischem Lächeln einen für viele Menschen folgenschweren Plan hat. Mit einem exzellenten Ensemble spielt diese packende Variation von „Glengarry Glen Ross“ über knapp 36 Stunden überwiegend in dem Büroturm.

Die Haut, in der ich wohne ***¿

Antonio Banderas, Elena Anaya

Regie: Pedro Almodovar Start: 20.10.

Wie Almodovar es schafft, in seinen durch schrille Farben und Dekors künstlich anmutenden Filmen derart mitreißende, glaubhafte Emotionen zu erzeugen, wird wohl immer ein Rätsel bleiben. Auch den Roman von Thierry Jonquet hat der Spanier seinem unverwechselbaren Stil unterworfen. Der Stoff passt perfekt zu seinen Obsessionen. Dr. Robert Legard (Antonio Banderas) ist eine Koryphäe der plastischen Chirurgie. Bei seinen neidischen Kollegen ist er aber umstritten, seit er ein Material entwickelt hat, das von echter Haut nicht zu unterscheiden ist. Für sein Experiment hat er nur einen Patienten: eine junge Frau namens Vera Cruz (Elena Anaya) in einem Ganzkörperanzug, die er in einem Raum seiner luxuriösen Privatklinik wie eine Gefangene hält und besessen durch Monitore beobachtet. Als dort eingebrochen wird, offenbart sich ein dunkles Geheimnis um traumatischen Verlust, Liebe, Wahn und Identität. Mit schmerzlicher Zärtlichkeit hat Almodovar einen Thriller inszeniert, der sich trotz Horror-Atmosphäre und absurdem Humor natürlich als Melodram entpuppt. Wie bei einer Hauttransplantation deckt er Schicht für Schicht die tragischen Hintergrunde auf, verliert bei aller Raffinesse allerdings zuweilen die Übersicht.

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