Marie Antoinette :: Start 2. 11.

Die lässige Melancholie und Komik von „Lost In Translation“ sie waren kein Zufall und auch nicht nur Bill Murray geschuldet. Vielmehr hatte Sofia Coppola mit diesem Sehnsuchtsdrama über Einsamkeit eine eigene Handschrift gefunden, wie nun diese Filmbiografie zeigt, ein erheblich aufwendigeres und historisches Sujet, auf das sie ihren manchmal transzendent anmutenden Stil mühelos überträgt. „Marie Antoinette“, eine Tochter der österreichischen Kaiserin Maria Theresia und Gattin des französischen Königs Ludwig XVI., ist ein Teenie-Drama und Pop-Märchen im Gewand des späten 18. Jahrhunderts.

Sie gilt als Inbegriff der Dekadenz und als Feindbild, an dem sich in den Anfängen der Französischen Revolution der Zorn der darbenden Massen mit entzündete. Coppola verneint dies nicht, beleuchtet allerdings nach einem Buch von Antonia Fraser die Hintergründe und menschlichen Missverständnisse. Wie man Marie Antoinette auch sehen kann: als lockeren, lebensfrohen Teenager, der mit gerade 15 Jahren aus politischen Motiven verheiratet wird, im prunkvollen, hermetisch abgeschottenen Paralleluniversum von Versailles eine Art Kulturschock erlebt, da die zeremonielle Strenge des Protokolls erduldet und mit der Erwartung unter Druck steht, ihren unwilligen Gemahl zum Sex verführen zu müssen, damit Frankreich einen Thronerben erhält und somit ihre Ehe gesichert ist. Wie ein Singvogel, der in einem goldenen Käfig einzugehen droht, schwirrt Marie Antoinette als anmutiger Backfisch durch den Palast, wo in jeder Ecke dünkelhaft Neid, Intrigen und Geläster gedeihen.

Mit süffisanter Situationskomik und flirrendem Glanz inszeniert Coppola diese kostümierte Coming-of-age-Variante im elitären Mikrokosmos. Der Irrsinn der höfischen Rituale wiederholt sich so surreal und amüsant als Running Gag wie bei „Und täglich grüsst das Murmeltier“: Wie Zaungäste scheint der gesamte Hofstaat anwesend zu sein, wenn die Dauphine zu Bett geht und aufsteht. Marie Antoinette (Kirsten Dunst) muss sich von blasierten, stocksteifen Prinzessinnen einkleiden lassen, der verkniffene und verklemmte Ludwig(Jason Schwartzman) schweigt beharrlich beim Frühstück und schläft abends sofort ein. Trotz des berauschenden Pomp in Versailles liegt ein fragiler Schleier über den Bildern, die wie Fresken wirken und oftmls in Rokoko-Rosa gehalten sind.

Davor flüchtet Marie Antoinette in einen neurotischen Konsumexzess. Sie wird zur Party-Queen und Shoppingsüchtigen, lässt extravagante Schuhe, edle Stoffe und Juwelen heranschaffen, was montiert ist wie ein Videoclip mit Songs von Air oder The Strokes. Nach der Geburt ihrer Tochter erhält sie ein eigenes Domizil, tollt wie ein Hippie in der Natur herum und beginnt eine Affäre mit einem schneidigen Offizier. In dieser unbekümmerten Idylle wird Politik zum Treppenwitz der Geschichte – und dennoch versteht man, was damals schiefgelaufen ist. Der Schluss ist Wehmut und Erlösung zugleich.

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