Mary Chapin Carpenter :: The Age Of Miracles

(Manchmal zu) geschmackvolle Qualitätsarbeit aus Nashville

Wenn in den Credits Ärzten besonders gedankt wird, ist in der Regel Einschneidendes passiert. Mehr noch: Mary Chapin Carpenter klassifiziert es gar als „Wunder“, dass sie eine Lungenembolie, die sie nach ihrem letzten Album „The Calling“ erlitt, überleben konnte. Weshalb die 52-jährige Songschreiberin aus New Jersey fürs neue Werk denn auch prompt „The Age Of Miracles“ ausruft – auch wenn das bei näherer Betrachtung im Titelsong auf ein paar protestierende Mönche zusammenschnurrt, die Chapin Carpenter das für sie typische Resümee entlocken: „Now if courage comes dressed in red robes and bare feet, I will never be fearful again.“

Abgesehen von „4 June 1989“ spürt sie in diesen zwölf Stücken aber vor allem persönlichen Befindlichkeiten nach, freilich selten ohne den universellen Anker auszuwerfen. Charakteristisch etwa, wie sie in „We Traveled So Far“ gleich wieder alle mit auf die Reise nehmen will. Und dabei auch noch Kris Kristofferson paraphrasiert: „Let the sun shine on your shoes, kick ‚em off in the rain if you choose, there’s nothing like nothing to lose.“ Gewohnt formvollendet findet sie in Seelensuche-Songs wie „Iceland“ und „I Was A Bird“ einen halbwegs neuen Dreh für zig-mal durchgedrehte Metaphern, besingt wiedergefundenen Glauben („I Put My Ring Back On“) und lange vergangene Tage in Paris („Mrs. Hemingway“) und bekennt überraschungsfrei: „I have a need for solitude, I’ll never be safe in crowded rooms.“

Tatsächlich mutet es längst wie ein kurioser Betriebsunfall an, dass diese immer etwas spröde, sympathisch zweifelnde Melancholikerin mit flottem Women’s-Lib-Gestus („He Thinks He’ll Keep Her“) von 1992 bis 1995 gleich vier Country-Vocal-Grammies in Folge abräumen konnte (was „richtige“ Country-Sängerinnen nie schafften). In Nashville nimmt Chapin Carpenter heute immer noch auf – und zwar Musik, die mitnichten ein Wunder ist, aber manchmal fast schon zu geschmackvolle Qualitätsarbeit, die Studiokönner wie Russ Kunkel, Duke Levine, Glenn Worf und ihr Co-Produzent Matt Rollings stets garantieren. (Rounder/Universal) Jörg Feyer

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