Mary Chapin Carpenter – Time, Sex, Love

Die, die ihr nicht so wohlgesonnen sind, behaupten schon mal, ihre größte Tat sei es gewesen, „Passionate Kisses“ hoch in die Charts zu singen und damit Luanda Williams, der Autorin dieses Songs, hoch dotierte Tantiemenschecks und gar einen Grammy zu bescheren. Selbst neutrale Beobachter müssen dann einwenden, dass der Country-Boom der frühen 90er Jahre ohne ihre Women’s Lib-Hymnen „Girls With Guitars“ und „He Thinks He’ll Keep Her“ nur halb so schön gewesen wäre und dass es Mary Chapin Carpenter dabei geschafft hat, das Umfeld, das sie groß werden ließ, auf Distanz zu halten.

Dafür steht diesmal allein schon die Wahl des Aufnahmeorts. In den Londoner Air Studios trommelte Dave Mattacks, ja selbst Sir George Martin schaute rein, um für ein Foto zu posieren und den Gast aus USA zu ein paar gewundenen Fab-Four-Harmonien und taufrischen Beach Boys-Chören (ha!) zu inspirieren. Women’s Lib – flott von der Leber – gibt’s immer noch („This Is Me Leaving You“). Doch noch lieber fahrt Carpenter die introspektive Sparflamme („King Of Love“), legt sich episch bloß in „The Dreaming Road“, gibt opulent die Devise Twangmeets-Strings aus (in „Slave To The Beauty“).

Wie die beste Freundin, die man immer gern gehabt hätte, reicht sie tröstend das Händchen, wenn die hassgeliebte „Maybe World“ Gewissheit versagt und das „Simple Life“ ganz plötzlich ganz schrecklich kompliziert geworden ist. Klar, das riecht natürlich auch ein bisschen nach Udo Jürgens, nach einmal noch nach Paris und barfuß im Regen („The Long Way Home“).

Doch ist Carpenter meist im rechten Moment die Gabe zu mildem Spott gegeben. „Guru says control your breathing, you are afraid you might have peaked.“ Die Zeit, so ihr Resümee, sei „das große Geschenk“, der Sex „der große Gleichmacher“, die Liebe „das große Mysterium“. Und Mary Chapin Carpenter ist die große Träne danach. Das andere Auge zwinkert derweil unverdrossen weiter.

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