Maxwell – Now
Fürs Debüt fuhr er 1996 gleich ein Konzept auf. Einziges Thema auf „Maxwell’s Urban Hang Suite“: die Nachwehen einer Liebesaffäre. Dann ging’s an den Überbau: „Embraya“ kam zwei Jahre später spirituell daher. Doch jetzt hat der New Yorker Neo-Souler die Freuden des Carpe diem entdeckt und konzentriert für JVow“ Sinne wie Stimme aufs Hier 8C Jetzt. Was im Falle des verschlungenen und ziemlich exquisiten Funk-Happens „Get To Know Ya“ sogar die Alice Schwarzer erfreuen dürfte. Sexuelle Anziehung, so Maxwells Botschaft, müsse nicht dazu führen, die Frau zum Objekt zu degradieren.
Gewiss ist unser Held auch der Fleischeslust einer „Temporary Nite nicht abgeneigt, denkt aber den Kopfschmerz danach gleich mit. Nein, ein besinnungsloser Hedonist ist Maxwell dem Albumtitel zum Trotz nicht geworden. Titel wie „Lifetime“, „Changed“ und auch „Symptom Unknown“ sprechen schon mal Bände – und die dazugehörigen Songs geben genug her, um auch noch zwischen den Zeilen zu lesen. Dass er gewillt ist, auch in der musikalischen Umsetzung über den Tellerrand des alltäglichen R&B-Gewerbes hinauszuschauen, belegt nicht zuletzt das Wimmern einer Pedal-Steel-Gitarre im Candlelight-Nachruf „Was My Girl“. Auch in „This Woman’s Work“ darf Nashville-Ass Bruce Bouton noch mal ran. Genau: Das ist der Kate-Bush-Song, den Maxwell auf dem Intermezzo „MTV Unplugged“ bereits live gecovert hatte. So illuminiert „Nov“ ziemlich genau den blinden Fleck zwischen den ja scheinbar so gegensätzlichen Polen D’Angelo und R. Kelly, zwischen Voodoo-Soul und Neo-Pathos. Nein, der R&B-Sturm ist noch nicht vorbei.