Michelle Mercer :: Will You Take Me As I Am – Joni Mitchell’s Blue Period

Die Jahre 1971 bis 1976 waren die künstlerisch fruchtbarsten für Joni Mitchell. Beginnend mit dem schmerzvoll konfessionellen „Blue“ und endend mit der kühn-kühlen Sophistication von „Hejira“, durchmaß die Songschreiberin seelische Tiefebenen und musikalische Hochplateaus, deren Topografie Michelle Mercer so respektvoll wie rückhaltlos nachzeichnet. „Joni Mitchell’s Blue Period“, so der Untertitel, sei nicht zuletzt einer Verdrängung geschuldet, sagt die Autorin. Denn so offenherzig Mitchell in diesen Liedern auch ihren Gefühlshaushalt ständiger Inventur unterzog, schreckte sie doch davor zurück, in dessen dunkelster Ecke aufzuräumen.

Dort war die Erinnerung an die Tochter versteckt, die sie 1965 zur Adoption freigegeben hatte, zum Zwecke einer unbeschwerteren Zukunft. Inzwischen mit der Tochter versöhnt, sieht Mitchell die damals besungenen persönlichen Krisen als „product of achieving sudden fame while still burdened with the shame“. Mercers psychoanalytische Deutung liest sich so: „Her sorrow probably imploded within her while exploding into the songs of ‚Blue‘, which were honest about everything but her daughter.“ Faszinierender sind die Passagen über Jonis Reisen, ihre Flucht in eine Kommune, ihre musikalischen Gefährten und ihre Kunstlieder, in Form von ausführlichen Interviews und narrativen Reportagen, literaturkritisch wie biografisch. Ferner kommen Kollegen, die der Künstlerin Einzigartigkeit bescheinigen, zu Wort. Eine deutsche Übersetzung titels „Blue“ ist für April angekündigt.

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