Midnight Oil – Capricornia: Die Australier gehen endlich zurück ins musikalische Kernland :: SONY
Die neunziger Jahre waren für Midnight Oil keine leichte Dekade. Wie so viele Bands ähnlichen Gründungsdatums, wurden die australischen Agit-Rocker überrascht von sich plötzlich ändernden Paradigmen popkultureller Zeichenspiele, die die Musik von Peter Garrett und Kumpanen zum Auslaufmodell zu deklassieren schien.
Man machte sich ein bisschen Sorgen; hatte „Earth And Sun And Moon“ noch toll den Brückenschlag zwischen dem kantigen Wave-Punk der Frühzeit und dem opulenten Gitarrenpop der 80er Jahre geschafft, zeigte das nächste Album, „Breathe“, mit komischem Country und nicht immer überzeugendem Songwriting eine Band in Wartestellung. Dann kam „Redneck Wonderland“, ein krasses Ding aus digital verzerrten Gitarren, wirrem Loop-Layout und betont fragmentierter Patchwork-Attitüde, der viele Anbiederung vorwarfen. Und obwohl das natürlich ein Missverständnis ist: So recht passen wollte Midnight Oil diese neue Mode nicht.
Jetzt ausatmen. Einmal durch durchs Fegefeuer der popkulturellen Relevanz, gehen Midnight Oil mit ihrem neuen Album wieder einen großen Schritt in Richtung musikalisches Kernland und verzichten auf allen vermeintlich unumgänglichen Mummenschanz. „Capricornia“ präsentiert die Australier inmitten der hier prägenden Tugenden: klar konturierte Songs aus Jim Moginies kantigen Riffs und Peter Garretts unbehauenem Stakkato-Gesang, dazu immer wieder jene schön melodieseligen Hooks, die in den Achtzigern in Form von „Forgotten ears“, „Blue Sky Mining“ und, ja, „Beds Are Burning“ auch auf dieser Seite der Erdkugel zum Ereignis wurden. Nun ist der Ton freilich längst (wieder) rauer geworden; „Capricornia“ entstand in wenigen VCfachen und verzichtet auf allzu viele Overdubs, doppelte Böden und musikalische Wissenschaftlichkeit. Stattdessen gibt es die durch und durch australische Emotionalität Midnight Oils umso unmittelbarer. „We do the same thing that we always do“, singt Garrett im energischen „Too Much Sunshine“. „Nothing changes but the colour changes hue.“ Im Moment Klarlack.