Moby

Hotel

EMI

Melodieverliebtes, oft kitschiges Zuckerbäckerhandwerk

Früher, als die Menschen noch an die Loveparade glaubten und an „Peace, Love & Unity“, galt Moby als kontroverser Künstler: ein ehemaliger Punk und bekennender Veganer, der schon früh und ohne Not den kühnen Minimalismus des Techno gegen ein melodieverliebtes Zuckerbäckerhandwerk getauscht hatte. Heute ist der 40jährige eine Art DJ Bobo der Besserverdiener. Gelegentlich aufkommende Anfälle von Systemkritik verpackt Moby in rosa wattierte, sehr vernünftige Formulierungen, anstatt wie Erz-Rivale Eminem lustig mit dem Baseballschläger auf dem Tisch herumzutrommeln.

Vierzehn Jahre ist es her, daß Moby mit „Go“ zum Trendsetter wurde, weil er Angelo Badalamentis romantische Filmmusik für „Twin Peaks“ mit einem munteren Technobeat aufgepumpt hatte. Acht Jahre später variierte er diese Idee (gutes, melodisches Sample plus tanzbarer Beat = Hit) erneut am „Play“. Nun waren es die Stimmen alter Bluesmänner, die ihm dabei halfen, zehn Millionen CDs zu verkaufen, ohne viel an Ideen zu investieren. Aber das reichte dem schlauen Geschäftsmann nicht. Schließlich wurde noch jeder einzelne Track von „Play“ für kommerzielle Zwecke lizenziert: „Porcelain“ unterstützte einen TV-Werbespot für Baileys, zu „Find My Baby“ golfte sich Tiger Woods durch einem Clip für American Express. Man konnte Moby nur noch mit viel Mühe entkommen.

Das neue Album „Hotel“ führt im Prinzip das fort, was auf dem Vorgänger „18“ begann – ein Mix aus Pop, Techno und Dance, der permanent zu sagen scheint: „Komm, kuschle dich doch an mich, fühl mal, wie weich ich bin“, während im Hintergrund zwei Delphine durch einen Regenbogen in den Sonnenuntergang tauchen. „Oh when it’s raining again/ Open the door, pulling me in. Sadness like water raining down“, heißt es in „Raining Down“, einem der „härteren“ Tracks des Albums. „Lift Me Up“ ist eine Aerobic-Nummer, deren nicht zu leugnendes Mainstream-Potential uns vermutlich lange begleiten wird. Bei „I Like It“ trötet sogar ein Walbaby – Moby junior? -, so etwas traut sich heute kaum noch einer. „Spiders“ soll wohl eine Art Hommage an David Bowie sein, scheitert aber an den fehlenden Ecken und Kanten. Was überhaupt das ganze Album betrifft. „Hotel“ wirkt, als wolle Moby die hymnische Atmosphäre eines Gospel-Gottesdienstes auf Popmusik übertragen, die radiofreundlich, schmusig und tanzbar zugleich ist Und damit letztendlich absolut beliebig. Wer braucht schon diese kitschigen Keyboardflächen von „Homeward Angel“, den Power-Gesang von Laura Brown und das dünne, flehende Stimmchen von Moby? Ein paar Millionen harmoniesüchtiger CD-Käufer? Wir werden sehen.