Morrissey

Live At Earls Court

Sanctuary (rough trade) Noch eine Morrissey-Feier, diesmal aus dem Dezember 2004

Nach seiner überraschenden Wiederkehr auf dem internationalen Parkett hat Morrissey seine früher notorische Zurückhaltung leider aufgegeben. Zu sehr drängt es ihn heute nach Gesprächen mit jungen Bewunderern, hier und da ein Titelblatt, auch schon mal ein Poster. Die Plattenhüllen, wie man früher gesagt hätte, sind jetzt sehr offensiv gestaltet und haben im Mittelpunkt niemand anderen als den Narziß selbst. Und schließlich schreckt er sogar nicht mehr von den jahrelang sorgsam gemiedenen legendären Songs der Smiths zurück.

Beim Manchester-Konzert war Morrissey beinahe noch schüchtern mit den Evergreens – im Dezember 1994 allerdings, im Earls Court zu London, gab es „How Soon Is Now“ noch vor „First Of The Gang To Die“, später „Bigmouth Strikes Again“, „There Is A Light“, „Shoplifters Of The World Unite“ und, sehr erfreulich, „Last Night I Dreamt That Somebody Loved Me“, ein Favorit des Protagonisten, zumal als Rausschmeißer.

Verblüffend das astreine Spiel der früheren Rocker-Gang um Boz Boorer, die nun fast irritierend transparent die robusten Songs darbietet Und zwar auch so hübsche wie „Don’t Make Fun Of Daddy’s Voice“ (Moz denkt die Ironie dabei stets mit) und „Munich Air Disaster 1958“, die als B-Seiten schlecht behandelt wurden. Erstmals glühen auch Lieder wie „November Spawned A Monster“ so, wie es damals leider nur zu wünschen war. Die Songs von „You Are The Quarry“ bleiben schlicht die Songs von „You Are The Quarry“, allein zu dem ein wenig larmoyanten Bekenntnis „You Know I Couldn’t Last“ wird noch Pathos addiert. Alles ist schöner als 1993, als „Beethoven Was Deaf“ erschien, ein wüstes Dokument aus Paris. Nur das Cover war besser. Und, mit Verlaub, der Titel.