Morrissey :: Viva Hate

Die Fassung letzter Hand: Morrissey nimmt an seinem Solo-Debütalbum kleine Änderungen vor

In den Abschiedsschmerz mischte sich 1987 die dunkle Ahnung, dass die Smiths sich gerade rechtzeitig aufgelöst hatten: Morrissey hatte für „Strangeways, Here We Come“ lauter letzte Lieder geschrieben. Im Jahr darauf stand schon „Viva Hate“ in den Läden, Morrisseys Gesicht als Scherenschnitt von Anton Corbijn auf dem Cover – und die Songs klangen gar nicht viel anders. Stephen Street, der Produzent der Smiths-Dämmerung, war plötzlich auch Komponist und hatte dem Dichter das majestätische „Everyday Is Like Sunday“ gegeben und das große, düstere, zynische „Late Night, Maudlin Street“ und schließlich das Skandalon „Margaret On The Guillotine“, das von Morrisseys Verehrern wie Manna vom Himmel begrüßt wurde: Er ätzte weiter!

Aber was sollte uns „Bengali In Platforms“ sagen? Satire ging hier ziemlich unverblümt in Xenophobie über. Und „Dial-A-Cliché“ und „I Don’t Mind If You Forget Me“ deuteten auf eine schlechte Laune, die sich Morrissey allenfalls bei „Meat Is Murder“ erlaubt hatte. Dennoch wollten wir nicht zugeben, dass Morrisseys Poesie früher zarter, sein Witz schon entwaffnender waren.

Im Jahr 1997 erschien eine Ausgabe mit einem Frontalfoto von Morrisseys Gesicht mit zusammengekniffenen Augen und dem berühmten Quiff, nicht weniger als acht Songs waren an das Album gehängt worden – sah zwar verboten aus, schien aber unverzichtbar zu einer Zeit, als Morrissey zum Problemfall geworden war. Man denkt an diese Edition, wenn nun eine Remaster-Fassung (auch auf Vinyl) erscheint, abermals mit Corbijns dunklem Foto, dazu mit einem ins Altenglische abgewandelten Schriftzug, wie man ihn wohl auf dem Schild von Lokalen mit 300-jähriger Tradition in Leicestershire findet. Den belanglosen Song „The Ordinary Boys“ hat Morrissey gegen den belanglosen Song „Treat Me Like A Human Being“ ausgetauscht – eine Praxis, die bereits bei „Southpaw Gramar“ und „Maladjusted“ den Eindruck von Klitterung und Fälschung erweckte, obwohl Morrissey mit seinem Kram ja machen darf, was er will. Auch wenn er nicht besser wird.

Der Unbelehrbare bringt „Viva Hate“ diesmal auf dem Liberty-Imprint von EMI heraus: eine von unzähligen Varianten seiner Label-Sammelei. Und Anlass für Devotionalien-Süchtige, CD- und Vinyl-Edition in den Schrein zu stellen. (EMI)

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