Neil Diamond – Three Chord Opera

Den Ersatz-Elvis für Baby-Boomers gab Neil Diamond erst in den Seventies. Am Broadway, nicht in Vegas. Davor war er eine überaus verlässliche Ein-Mann-Hitschmiede in bester Brill-Building-Tradition und veröffentlichte ab 1966 eine Reihe wunderbarer Singles: „Solitary Man“, „Cherry Cherry“, „I Got The Feelin“, „You Got To Me“, „GW, YouTl Be A Woman Soon“. Klasse-Pop, der noch heute dazu angetan ist, den Coolness-Quotienten von Künstlern zu erhöhen, von Quentin Tarantino bis Johnny Cash.

Dann wurden Diamonds Hits banaler („Song Sung Blue“) und bombastischer ( „I Am…I Said“), er selbst blähte sich zum Show-Star und wurde auf den Bühnen der Welt als eine Art männliches Äquivalent von Barbra Streisand gefeiert. Große Orchester, große Gesten, großes Geld. Doch wie seine Bankguthaben wuchsen auch die Abstände zwischen seinen Alben, als Songwriter war Neil Diamond schon in den frühen Achtzigern ausgebrannt. „Three Chord Opera“ soll diesen Eindruck nun korrigieren. Was nur sporadisch gelingt. Diamonds erste reine Singer-Songwriter-LP seit gut sieben Jahren zeigt den 60-jährigen Selfmade Man aus Brooklyn in erratischer Form. Entertainment wird schon geboten, die Stilpalette ist farbig. Auch stimmlich macht er noch eine stattliche Figur. Diamonds Organ hat an Kraft und Volumen zwar eingebüßt, WOLfGANG DOEBELING Risse und Brüche gut zu Gesicht. Auch die Philosophie hinter „Three Chord Opera“ ist zu applaudieren: „I don’t want to cut my songs to fit today’s fashions“, tönt er, „I am what I am“. Sympathisch.

Und gefahrlich. Denn gerade weil das Produzenten-Team Peter Asher und Alan Lindgren auf Geheiß Diamonds alles Modernistische meidet, lädt die Platte zu Vergleichen mit den besseren seiner kreativen Jahre ein, „Velvet Glores AndSpit“ etwa oder „Top Root Manuscript“.

Schmeichelhaft ist das nicht, auch wenn „Opera“ mit einigen potenten Songs aufwarten kann. Gleich der Opener, ein ambitioniertes Stück Soul-Searching titeis „I Haven’t Played This Song In Icears“ hat fraglos das nötige melodische und lyrische Format, „My Special Someone“ ist so simpel wie charming, und das Lullaby „Turn Down The Lights“ mag kindlich sein, kindisch ist es nicht. „Leave Litde Room For God“ indes schon, auf peinlich naive Art „Baby Let’s Drive“ ist ein lachhafter Rock-Versuch, „Don’t Look Down“ ist scheußlich onkelhaft, und „At The Movies“ will Atmosphäre schaffen, verplätschert jedoch, ohne einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Too little, too lote.

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