Neil Young

Dead Man

Vapor

Der Soundtrack zu Jim Jarmuschs viel prämiertem Film birgt – trotz „Arc“/„Weld“ – Neil Youngs extremste und dichteste Musik, fast im Alleingang aufgenommen, ad hoc improvisierend, während die Bilder vorbeiflimmerten.

Youngs Hauptinstrument hier ist die elektrische Gitarre in verschiedenen Stadien der Verzerrung. Es sind brachiale Klang-Cluster, die er aus den Saiten quält, beinahe wirkungslos, sofern in Zimmerlautstärke gehört. Im Kino aber, in krawalliger Lautstärke absorbiert, auf ausdrückliche Empfehlung des Regisseurs, ein herrliches Hörerlebnis.

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Den Luxus, sich ein solches Dezibelfest vor der heimischen Hi‑Fi-­Anlage zu gönnen, dürfte sich freilich nur leisten können, wer keine oder taube Nachbarn hat. Bleibt der Genuss über Kopfhörer, die Regler hochgefahren bis an die Schmerzgrenze. Das Hi-Res-Remastering lässt das zu, nur die höheren Frequenzen von Youngs Overdubs mittels Pump Organ und verstimmtem Klavier verlieren dann an Klarheit, verursachen womöglich Brummschädel. Jim Jarmusch ließ dem Musiker freie Hand, zeigte sich ob des Resultats aber restlos begeistert. Youngs Beitrag, sagt er, habe den Film auf eine andere Ebene gehoben und die Seele der Story verflochten mit Neils emotionaler Reaktion darauf. „The guy reached down into some deep place inside him to create such strong music.“

Johnny Depp, Hauptdarsteller von „Dead Man“, leiht seine prominente Sprechstimme, liest Poetisches von William Blake, auch im erdachten Dialog mit dem Dichter, eingebunden in Neil Youngs spannungsgeladene Dramaturgie. Noch eine symbiotische Beziehung, wenn man den wortreichen Beteuerungen der beiden glaubt. Blake: What is your ­name? Nobody: My name is Nobody. Blake: Excuse me? Nobody: My ­name is Exaybachay. He who talks loud, saying nothing.

Neil Youngs „Dead Man“: Tosende Feedback-Gewitter

Neil Youngs experimenteller Soundtrack ist alles andere als sprachlos, die Feedback-Gewitter tosen bisweilen furchteinflößend, dann scheint die Musik ganz auszusetzen, minutenlang; Zikaden zirpen, Maschinen tuckern, Wind pfeift durch Bäume, der Soundtrack mutiert zum Field-Recording.
Mindestens 300 Dollar muss man derzeit anlegen, möchte man ein einwandfreies Exemplar des 1995 erschienenen US-Originals der Doppel-­LP sein Eigen nennen. Denn das Angebot ist ja noch geringer als die Auflage in jenen finsteren Tagen der CD-Hegemonie, die Nachfrage ungleich größer.

Das von Neil Young geprüfte Reissue kostet gerade ein Zehntel, was jedoch am Marktwert der Originalpressung wenig ändern wird. Hat halt keinerlei Aura, so eine Wiederveröffentlichung.