Neil Young – On The Beach :: WEA

Bekanntlich war Neil Young nicht amüsiert, als er 1974 „On The Beach“ aufnahm, Teil 3 seiner Trilogie der Übellaunigkeit, die ihn nach drogeninduzierten Todesfällen und der Megalomanie der CSN&Y-Stadion-Tournee befallen hatte. Während die drei Kollegen beinahe hätten sie sich die Haare schneiden lassen! – im Privatflugzeug reisten und eigene Bettwäsche in Hotelzimmern drapieren ließen, kutschierte Neu im schwarz lackierten Outlaw-Bus hinterher. Als bärtiger Gammler am trostlosen, verlassenen Strand posierte er fürs Cover von „On The Beach“, das es bisher nur in abgegriffener Vinyl-Form gab. Die neue Replica-CD (die in der Ausstattung genau den Vinyl-Editionen entspricht, bloß auf CD-Format verkleinert, damit es Neil nicht so weh tut) fordert kaum Gewöhnungsanstrengungen. Der Sound ist brüchig wie ehedem, nur die Knackser und Sprünge meines Flohmarkt-Exemplars fehlen.

Nun ist „On The Beach“ ohnehin ein zerschossenes Dokument schwarzer Melancholie. Young verhöhnt Kritiker und Freunde, oft sowieso ein und dieselben, und phantasiert die Invasion von Außerirdischen herbei. „See The Sky About The Rain“ ist der einzige lichte Moment zwischen den sich marode dahinschleppenden Abgesungen, denen Rusty Kershaw mit Fiddle und Slide Guitar adäquates Schrottplatz-Flair verleiht. Neben dem gespenstischen Klassiker „On The Beach“ wird man sich am liebsten an “ Ambulance Blues“ erinnern, in dem Young murmelnd konstatiert: „You are all just pissing in the wind.“ Das Stück endet gar nicht, es hört irgendwann auf. Immer wieder schön.

Über den Fleckerlteppich (an amerkan quilt?) „American Stars ‚N Bars“ von 1977 (2,5) hat noch niemand etwas Gutes gesagt, außer dass „Like A Hurricane“ drauf ist. Oder doch: Das typisch verhuschte und ellenlange „Will To Love“ ist allerdings sehr gut und nimmt „Lotta Love“ vorweg. Farmer-Kitsch wie „Hey Babe“, „Saddle Up The Palomino“ und „Hold Back The Tears“ mit Nicolette Larson und Linda Ronstadt sowie das noch scheußlichere „Star Of Bethlehem“ (von 1974) mit Emmylou Harris erschüttern den Hörer, bevor Crazy Horse mit dem herrlichsten Gitarrendonner, den die Rockmusik hervorgebracht hat, alles wegdröhnen.

„Hawkes & Doves“(3,0) von 1980 ist ebenfalls eine kühn zusammengestoppelte Platte, die mit den brüchigen Balladen „Little Wing“ und „The Old Homestead“ hübsch beginnt. Das muntere Fiddle- und Slide-Guitar-Barbecue „Stayin Power“ feiert einfältig die Langlebigkeit der Liebe, und auch „Coastline“ verweist auf uraltes Country-Terrain. Schelte gab es nicht nur damals für die reaktionären, dabei prima schmissigen Heimatlieder „Union Man“ (offenbar eine Parodie), „Coming Apart At Every Nail“ („Oh that country sure looks good to me“) und Neils meschuggene Kleine-Leute-Hymne „Hawks & Doves“ („Ready to go, willin‘ to stay and pay/ U.S.A., U.S.A.)“, die zum Auftakt von Ronald Reagans Ägide freudig begrüßt wurde. Bestimmt alles Missverständnisse!

„Re-ac-tor“{1,5) von 1981 gilt als indiskutabel, vom Cover mit dem lateinischen Schmarren bis zu den schlamperten, monotonen Radau-Songs. Eigentlich ist es aber nur „Ragged Glory“ mit noch schlechteren Stücken. Wobei ich „T-Bone“ mit der Zeit immer besser finde: „Ain’t got no T-Bone/ Got mashed potatoes.“ Neils goldener Humor!

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