Neko Case – The Tigers Have Spoken
Nach ihrem dunkel-romantischen Meisterwerk „Black Listed“, einem Album voller Sehnsucht, Weite und dem Blues, lässt es Neko Case mit diesen Live-Aufnahmen etwas flotter angehen. Über weite Strecken klingt „The Tigers Have Spoken“ wie eine gut gelaunte Country-Platte. „Wenn wir live auftreten, kommen immer wieder Leute zu uns und fragen: Spielt ihr auch mal was Schnelleres? Habt ihr diesmal einen Schlagzeuger dabei? Diese Platte ist für sie gemacht“, sagt die in Virginia geborene Songwriterin über ihr viertes Album.
„The Tigers Have Spoken“ ist keine vor Publikum aufgeführte Greatest-Hits-Sammlung. Sicher, „Black Listed“ ist dabei, aber auch Brandneues wie „If You Knew“, Traditionals sowie ein paar Coverversionen: „Rated X“, Loretta Lynns Song gegen männliche Doppelmoral, oder „Soulful Shade Of Blue“ von Buffy Saint-Marie, nach der Neko Case angeblich ihren ersten Hund benannte. Dies ist die Sorte Musik, zu der knuffige Flanellhemd-Träger ihre Freundin in den einen Arm nehmen, während die andere Hand ein gut gekühltes Bier umklammert und der Cowboystiefel den Takt mitwippt. Es ist ein freundlicheres Amerika-Bild als das auf „Black Listed“. Vor zwei Jahren bestimmten mit Echo unterlegte Riffs, verlorene Gitarrenmelodien und Nekos Gesang das Geschehen. Nick Cave und Chris Isaac schienen Brüder im Geiste. Nun steht Nekos Band, die aus den Sadies und einigen Gastmusikern besteht, eng beieinander. „Loretta“ rockt sogar so kompromisslos, dass das darauffolgende „Favorite“ – ein noch nicht offiziell veröffentlichtes Frühwerk voll sanfter Melancholie – dringend notwendig ist, um nicht schon zu Hause auf den Couchtisch zu hüpfen. Geradezu herzzerreißend ist allerdings der letzte Song des Albums, „Wayfaring Stranger“. Das alte Volkslied entstand während eines Kunst-Kongresses in Toronto, weil die Sängerin beweisen wollte, dass es keine akademische Ausbildung und keine millionenschweren Budgets braucht, um etwas Kreatives zu tun: Ganz brav und ganz leise singen die Kongressteilnehmer den Refrain. Manchmal braucht es wirklich nicht mehr.