Nikolski

„Nikolski“ von Nicolas Dickner ist ein locker aus drei Erzählsträngen gewebter Roman. Die drei Protagonisten stammen aus mehr oder weniger zerrütteten Elternhäusern und flüchten 1989 nach Montreal. Sie begegnen sich flüchtig, lernen sich aber nicht wirklich kennen – dabei sind sie blutsverwandt. Jonas Doucet, der Nachfahre eines alten Piratengeschlechts, ist der Vater der beiden jungen Männer und der Onkel von Joyce. „Nikolski“ lässt sich bei der literarischen Verflechtung dieser drei Geschichten so willfährig in die zugrundeliegende Konstruktionszeichnung blicken, dass man sich fragen kann, warum dieses Buch trotzdem funktioniert. Das liegt zum einen wohl an den sprachbildnerischen Fähigkeiten Dickners – und so ganz geht das Buch dann eben doch nicht auf in der peniblen Reißbrettzeichnung, die Protagonisten entwickeln im Laufe ihrer literarischen Existenz aber doch so eine Art Eigenleben. Überdies weitet Dickner das Themenspektrum seines Romans zum Rande hin aus. Er erzählt etwa bittere, grausame Kolononialgeschichten, reflektiert über die Bewahrung von Stammesidentitäten während der Fremdherrschaft und referiert über das Nomadentum. Mit fortschreitender Lektüre wird dieser zunächst scheinbar so geheimnislose Klarsichtfolienroman immer rätselhafter. (19,90 Euro)

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