Notting Hillbilly – Knopfler solo und Kollaborationen
THE NOTTING HILLBILLIES: MISSING…PRESUMED HAVING A GOOD TIME (1990) Was macht ein Superstar, der keiner mehr sein will? In England spielt er mit einem ganz alten Freund und dessen altem Freund im Pub nebenan Songs von den Louvin Brothers und andere (Country-)Traditionals. So geschehen schon 1986 in Leeds. doch das erste und einzige Album der Notting Hillbillies wurde erst nach dem vorläufigen Dire Straits-Aus 1989 in Knopflers Heimstudio in London eingespielt. Hinter den Charakterköpfen Steve Phillips (den er schon 1968, noch als Journalist, kennenlernte) und Brendan Croker (der parallel an seiner Solo-Karriere arbeitete) konnte Knopfler zumal als Sänger getrost ins zweite Glied treten. Trotz Calypso-Anwandlung („One Way Gal“) eher eine Platte für den gepflegten Frühschoppen, den das lodtraurige „Feel Like Going Home“ von Charlie Rieh standesgemäß beschließt. 3,0
CHET ATKINS & MARK KNOPFLER: NEGK AND NECK (1990) Um fürs Gipfeltreffen mit dem großen Architekten des Nashville-Sound optisch präpariert zu sein, rüstete Knopfler edle Hosenträger nach. Doch auch musikalisch bleibt „Neck And Neck“ etwas, äh, steif. Da können sich die beiden im parodlstisch frisierten „There’ll Be Some Changes Made“ noch so schön selbst und gegenseitig auf den Arm nehmen. Ansonsten hält man sich an country-Romantik von Don Gibson („Sweet Oreams“) und Gypsy-Tristesse von Django Reinhardt „Tears“) schadlos oder recycelt alte Atkins-Hirts („Yakety Axe“). Im Kehraus „The Next Time I’m In Town“, dem einzigen Knopfier-Song. verspricht Mark ein Wiedersehen, das aber zumindest für eine weitere Album-Session ausblieb. Vielleicht weil „Neck And Neck“ in den USA floppte? Als Trost gab’s gleich zwei Grammys für den unverwüstlichen „Poor Boy Blues“ (Bestes Country-Duett) und „So Soft. Vonr Goodbye“ als bestes Country-lnstrumental. 2,5
GOLDEN HEART (1996) Mit dem treuen Dire Straits-Husaren Guy Fletcher im Schlepptau schart Knopfler für sein Solo-Debüt in Nashville jene Musiker um sich, die ihm bis heute gern zu Diensten sind, darunter Saiten-Spezi Richard Bennett (Steve Earles „Guitar Town“). „Imelda“ erledigt Frau Marcos mit dröhnender Sozialkritik vom Grabbeltisch, doch ist auf Knopflers Agenda auch der einsame Autogrammjäger „Rüdiger“ notiert. Die romantische Ritterfantasie „A Night In Summer Lang Ago“ schweigt im Irish Heartbeat mit Paul Brady und den Chieftains. „Je Suis Desole“ macht mit Sonny Landreth in Cajun, das Country-Lamento „I’m The Fool“ hätte auf Springsteens „Tunnel Of Lovege“ passt – und „No Can Do“ bringt glatt einen Hauch Funk in Knopflers Welt. Die hatte gerade ,.my darling Kitty“ auf den Kopf gestellt, die dritte Frau Knopfler, der „Golden Heart“ gewidmet ist. 2,0
SAILING TO PHILADELPHIA (2000) Noch ein letzter Blick zurück auf die Highlands, wo „something from the past just comes and Stares into my soul“ (wie es im Auftakt „What It Is‘ heißt), dann macht sich Knopfler als Geordie boy Jeremiah Dixon mit James Taylor alias Charlie Mason im Titelsong auf, alte und neue US-Grenzen zu erkunden. Genuin tief dringt sein Americana-Trip bei aller „Wanderlust“ (Songtitel) indes nicht, wenn er bei einer „Prairie Wedding“ vorbeischaut und Dates mit „El Macho“ und einem „Junkie Doll“ übersteht. Hippe Gäste wie Gillian Welch helfen auch nicht weiter, wenn der „Speedway At Nazareth“ dann doch wieder ins große Leere läuft. Vielleicht hätte Knopfier noch ein bisschen weiter in den „Sands Of Nevada“ buddeln sollen, die so schön nebulös wegrieseln. 2,5
THE RAGPICKER’S DREAM (2002) Jenseits des blöden und zudem unrepräsentativen Auftakts „Why Aye Man“ zweifellos sein bisher bestes Solo-Album. Weil Knopfler nicht nur den „Hill Farmer’s Blues“ hat und tatsächlich noch weiß, wie der gespielt und gesungen wird, im exquisiten „Fare Thee Welt Northumberland“ mit perlendem Piano und sinister drückender Harp, oder gleich ganz nackt-akustisch in „Marbletown“. Doch selbst Band-Tracks wie der coole Landstraßen-Schleicher „Coyote“ profitieren von der Reduktion aufs Wesentliche. Auch mit der swingenden Roger-Mi Her-Hommage „Quality Shoe“, dem wie an der Theke erzählten Titel-Weihnachtsmärchen, der Topfgucker-Philosophie „Old Pigwood“ oder dem wirklich toll gesungenen Bar-Schieber „A Place Where We Used To Live“ sammelt Knopfler auf „The Ragpicker’s Dream“ weiter jede Menge PliKnunkte.
3,5 SHANGRI-LA (2004) „Nur eine langsame Gitarre, eine gestopfte Trompete und eine Glocke“ – so stellte sich Sonny Liston 1962 den „blues for fighters“ vor, den irgendjemand mal schreiben würde. Knopf ler kann der Box-Champ nicht gemeint haben, denn sein faktensatter, aber melodiemagerer „Song For Sonny Liston“ kommt im patentierten Gitarren-Groove erstaunlich dröge daher. Geben Sie Malibu die Schuld, auch wenn nur der kitschige Titelsong inklusive Surf-Referenz tatsächlich aufs Konto des „Shangri-La“-5tudios gehen dürfte, wo Knopfler diesmal mit vertrauter Crew Quartier machte. Andere (Akustik-)Stücke wie „All That Matters“,die Trinker-Ode „Stand Up Guy“ und noch ein Elvis-Tribute („Back To Tupelo“) wollen den Ragpicker-Faden weiterspinnen, entfalten aber kaum soviel Esprit. Und sonst? Ein netter Latin-Ausflug („Postcards From Paraguay“), zwei schlichte Schönheiten („Everybody Pays“, „Whoop De Doo“), wieder mehr Knopfler-Gitarre und zuviel vom schon mal (besser) Gehörten. 2,0
MARK KNOPFLER & EMMYLOU HARRIS: ALL THE ROADRUNNING (2006) Über sieben Jahre war dieses Album mit Unterbrechungen in der Mache, nachdem die Zusammenarbeit am Rande eines TV-Tributes für Chet Atkins angebahnt war. Dass „All The Roadrunning“ nicht nach beliebigem Stückwerk klingt, ist erstaunlich genug. Darüberhinaus haben sich hier zwei Stimmen gefunden, die gerade im Kontrast gut harmonieren, und im flotten Square Dancer „Red Staggerwing“ ist sogar eine kleine Prise Sex im Spiel. Das solide Material von Knopfler kann Ausfälle wie „Right Now“ verkraften. 3,0