Nuggets von Jörg Gülden

Eigentlich ist diese Doppel-CD ja ein Fall für die „Replays“, aber da der gute LINK WRAY in unseren Breiten nie ein household name war, wird seine brillante Compilation „Guitar Preacher – The Polydor Years“ (Polydor 527 717-2) hier gelobt. Der inzwischen 66jährige Halbindianer aus North Carolina formierte seine erste Band anno ’42, verbuchte mit „Rumble“ und „Rawhide“ seine größten Hits und hat ab einer der wohl innovativsten Gitarristen (er erfand den D-Chord!) und Songwriter in Pete Townshend einen glühenden Verehrer. Auf diesen beiden CDs erlebt man den essentiellen Link mit Outtakes aus fünf der wichtigsten Alben – darunter auch „Link Wray“, aufgenommen 1971 auf einer Dteispur-Maschine in seinem umgebauten HühnerstalL Und mit Songs, von denen Mick und Keith des nachts nur zu träumen wagen!

TERRY ALLEN, Großmeister zynischen Wortwitzes und musikalischer Überraschungsangriffe, ist in dieser Rubrik zwar schon gebührend gefeiert, aber vom Plattenkäufer immer noch ungebührend beachtet worden. Aber vielleicht kann ein bißchen Namedropping nachhelfen. Auf „Human Remains“ (Sugar Hill SHCD-1050), seiner – nach einer langjährigen Hinwendung zu Soundtracks, Theater-Projekten etc. – ersten wieder richtigen Studio-CD, hat er nämlich u. a. Kaliber wie David Byrne, Lucinda Williams, Joe Ely, Charlie und Will Sexton sowie Jo Carol Pierce um sich geschart. Das Resultat: Texte, die so manchen Poeten schlagartig verstummen lassen und ein Songwriting, das den ach so strapazierten Bereich „Country und Artverwandtes“ mal wieder gänzlich neu zu definieren weiß. Allen musiziert eben in der Referenz-Klasse.

Was uns ein Tom Astor oder ein Johnny Hill ist, kann den Amis nur ein Henry John Deutschendorf Jnr. sein. Unter dem Decknamen John Denver hat diese bebrillte Molluske ihren Knuddel-Appeal derart kultiviert, daß man Heino als Ausbund an Hipness rehabilitiern muß – und zu allem Übel noch viele grausame Platten unters Volk gebracht. Doch die Strafe folgt mit „Minneapolis Does Denver“ (October Rec. TRG 89 303-2) nun gleich knüppeldick. So wird etwa „Leaving On A Jet Plane“ von den Hang Ups als Blindflug entlarvt, „Thank God I’m A Country Boy“ von Tina & The B-Side-Movement als gotteslästerliche Lüge enttarnt, und „Grandma’s Feather Bed“ wird nach dem Test durch Fat Lip zum Prokrustesbett. 18 kompetente Bands aus Minneapolis verwandeln 18 Denver-Perlen gnadenlos in Kichererbsen. So muß eine „Hommage“ sein!

Der Kanadier BARNEY BENTAL ist, wie viele seiner Landsleute, hierzulande noch weniger bekannt als, sagen wir maL der Chef der Baubehörde von Montreal. Was angesichts von „Gin Palace“(Epic EK 80224) ein glattes Manko ist, denn der Gute spielt zwar das, was man heute verächtlich und schnell mit Mainstream abtut, das wiederum aber so gut (Songwriting, Performance), daß man für das Gros der Mainstream-Giganten baldigst eine neue Schubladen-Beschriftung einführen sollte. – Unter der man fortan auch Bryan Adams 86 Co. einordnen darf-.

Ebenfalls aus Kanada stammt das sympathische Quartett WEEPING TILE, das dank Frontfrau Sarah Harmer (Gesang, Gitarre, Piano) sehr an die Breeders erinnert und auch mal Lisa Germano-Assoziationen weckt. „Cold Snap“(WEA CD 12383) driftet hin und wieder zwar durch Cello-Untermalung ins Kammermusikalische, findet aber stets noch auf den rechten Rock-Pfad zurück. Liebenswert und für Menschen, die die Walkabout mit ihrer letzten CD enttäuscht haben.

Schnell noch einen Abstecher nach Memphis, der Geburtsstadt des Rock ’n’Roll, wo Elvis & Co. einen fruchtbaren Acker hinterlassen haben. Heute steht hier nun die Alternative-Guitar-Rock-Szene in vollem Saft. JOLENE, fünf ausgeschlafene Typen, haben sich für, „Hell´s Half Acre“(ArdentSecords 7-1512-2) der Hilfe von Woods-, Cowboy Mouth- und Don Dixon Band-Pros bedient – und ein herrlich unaggressives, stets erfrischendes Rock-Album hingelegt. Und aus Tucson grüßen geistesverwandt Naked Prey…

Zu beziehen sind die Alben in der Regel bei Chill Music, Sheeren 12,28865 Lilienthal und Taxim Records, Am Dobben 3, 27330 Asendorf.

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