Palindrome
Ob vor- oder rückwärts gelesen – ein Palindrom ergibt stets den gleichen Sinn. Was auch bedeuten kann: Aus seiner Haut kommt letztlich keiner heraus. Wie das Mädchen Aviva, das auf Solondz‘ märchenhaft-grotesken Reise mit verschiedenen Identitäten auftaucht und am Ende dennoch dieselbe ist oder es immer war. Die Zwölfjährige will unbedingt schwanger werden und haut von Zuhause ab. Sie probiert es mit einem irritierten Fernfahrer, der aber auf Analsex steht, und strandet bei einer bibelfesten Glucke namens Mama Sunshine, die mit ihrem Ehemann ein Dutzend behinderte (also unerwünschte und ungeliebte) Kinder hütet und mit militanten Abtreibungsgegnern einen Mord an einen Arzt ausheckt. Das Prinzip des Palindroms setzt Solondz permanent so gewitzt ein, das einen sein parabelhafter Trip ratlos macht. Er verhöhnt die Heucheleien fanatischer Christen und führt sarkastisch verkrampfte Liberalität vor, thematisiert Pädophilie ebenso tragikomisch wie Mädchenneurosen. Wie man auch „Palindrome“ wendet: Plumpe Moral gibt es hier nicht. Ohne Extras.