Patti Smith & Kevin Shields :: The Cora Sea

Prosa mit Wall Of Sound: Hommage an Robert Mapplethorpe

Der Tod hat ihr früher zugesetzt als den meisten von uns. 1994 ging ihr Mann Fred, wenig später auch ihr Bruder Todd und Richard Sohl, Keyboarder der alten, ersten Patti Smith Group. Doch es begann mit Robert Mapplethorpe, ihrem frühen Liebhaber, Freund, Fotograf, Förderer. Der Mann, der 1974 die erste Smith-Single „Hey Joe“ finanziert hatte, starb schon 1989, nur 43 Jahre alt, an Aids. Sie habe, schreibt Patti Smith jetzt im Booklet dieses 2-CD-Sets, vor seinem Tod fast nur geheult und wollte ihm danach noch etwas anderes als Tränen geben.

Sie gab ihm, 1996 schon, die 72 Seiten Prosa „The Coral Sea“. Lange, so Smith, sei sie unfähig gewesen, das Requiem in einem Stück öffentlich vorzutragen. Es bedurfte eines Steuermanns, der sie durch diese schwere See trägt, auf der letzten Reise mit „dem Prinz seiner eigenen Tortur“ (Smith). Es fand sich für zwei hiermit konservierte Abende in der Londoner „Queen Elizabeth Hall“ 2005/6 Kevin Shields, Gitarrist von My Bloody Valentine. Sein an- und ab- und dahinschwellender Wall Of Sound lenkt nie ab von Smiths oft atemlosen, rund zweistündigen Rezitativ, vielmehr scheint er sie manchmal zu lenken, und ganz gewiss trägt er sie durch ihre Wut, Fassungslosigkeit, Trauer.

„Gimme tears of joy“, zitiert sie den Leidenden im furiosen Kernstück „The Herculean Moth“.

Doch die Augen voller Tränen haben ihr nicht den Blick fürs Wesentliche genommen, selbst in diesem Martyrium nicht, das sie oft schonungslos bloßlegt. „His delicate eyes saw with clarity what others did not.“ Viermal wiederholt sie das, fast so, als wären Mapplethorpe zu Lebzeiten die Meriten verwehrt worden. Und: „Art not nature moved him.“ Und dann will ausgerechnet die Natur ihr Recht. Und bekommt es auch noch. Da bleibt, wieder, nur die Kunst.

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