Paul Simon – Greatest Hits

Unglaublich, wie gut Paul Simon als Plattenproduzent in Woody Aliens „Annie Hall“ war. Da wäre eine Karriere drin gewesen. Oder der Hut auf dem Cover von „Still Crazy After All These Years“! Der weiße Anzug auf „Live Rhymin'“! Die Schirmmütze auf „One Trick Pony“! Die Kapuze auf „Paul Simon“! Ein Knirps ist er und ein Genie, und hätte er sich nicht in Afrika verloren und später „The Capeman“ aufgenommen und vor allem als Musical zu inszenieren versucht, ein Desaster biblischen Ausmaßes – Simon wäre nah am Göttlichen.

Er wollte es anders, wollte zum guten Ton auch noch die gute Tat und musizierte plötzlich in Johannesburg. Auf das hermetische Meisterwerk „Hearts And Bones“, eine Platte wie Porzellan, folgte das zwar immer noch feine, aber verkitschte, überinstrumentierte und fröhliche, jawohl,“Graceland“, das freilich Millionen Shitloads verkaufte: Die Einheimischen trommeln und gurren, „Diamonds On The Soles Of Her Shoes“, überall Harmonie und Harmlosigkeit. Aber auch der Song „The Boy In The Bubble“, der Simons unfassliches Talent für Arrangements auf die Spitze trieb. Platte des Jahres, goldene Grammofone und die Ehrennadel für Entwicklungshilfe.

Mit seiner Gitarre stand Simon schüchtern in Klassenzimmern und lehrte Musik, ein Bild des Irrwitzes. Was sollte der Afrikaner lernen von dem Mann, der das unbegreiflich surreale „Rene And Georgette Magritte With Their Dog After The War“ schrieb, das böse, „Kodachrome“, das blitzgescheite „50 Ways To Leave Your Lover“? Dessen Pedanterie seinen unsympathischen Partner Art Garfunkel zur Weißglut trieb. Und was wollte Simon in Südafrika, ein hilfloser Typ mit Brille und Topfschnitt, unfähig zu tanzen und vollgestopft mit Bildung? Eine groteske Allianz.

Bei aller Intelligenz hatte Paul Simon auch noch Hits, heute undenkbar. Noch immer versichert jeder Alt-Rocker am Ende seiner Kunst, er sei „still crazy after all these years“. Und jeder Mensch kennt „Late In The Evening“. Die „Greatest Hits“, mein Gott, die braucht es natürlich nicht. Paul Simon gibt es ja schon komplett und in einem Klang, den nur der absolute Perfektionist hervorbringen kann. Aber verschenken Sie doch dieses Album! An einen Ahnungslosen! Damit er einmal das schönste aller wunderbaren Stücke von Paul Simon hört, „Hearts And Bones“ von 1982, und die Stelle, an der Simon „the arc of a love affair“ singt. Man kann noch so alt werden „The arc of a love affair/ His hands rolling down her hair“ kriegt einen jedes Mal.

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