Peter Maffay – Laut & leise

Der sympathische Deutschrocker liefert ein verspätetes Standardwerk

Ich kann mir nicht helfen: Dieser verkniffene Maffay, der noch immer auf große Plakate schreibt, dass er kein Schlagersänger sei (obwohl sich nur die Tante Lotte noch an Maffays alte Schlager erinnern kann), der sich als redlicher Arbeitnehmer porträtieren lässt und doch immer allen Pflichtschuldigkeiten hinterherrennt (Multikulti, Kindertheater), der als milde lächelnder Buddy zwischen seinen Band-Kerlen posiert, der auf jeden Fall seine Zigaretten selbst dreht wenn er überhaupt noch raucht, der von der moralischen Verantwortung spricht und das sofort mit dem Argument halb zurücknimmt, dass das jetzt wohl pathetisch klänge – dieser Maffay ist mir tausendmal sympathischer als alles andere, was vom Deutschrock übrig blieb oder heute im Sinne des Deutschrock ein bisschen politisch und sehr gefühlsprivat ist Das liegt vielleicht daran, dass Peter Maffay ganz offenbar gemerkt hat, wie ungeschickt er ist Dass er sich auf eine sehr erfrischende Art ergeben hat und ihm mit der neuen Doppel-CD „Laut & leise“ so etwas wie ein verspätetes Standardwerk des besinnlich zupackenden Wut-im-Bauch-Achtziger-Rock gelungen ist: „Manchmal musst du leiden, bis du wieder Flügel hast“, und viele Brücken sind zu überqueren. Vielleicht ist er mir auch deshalb vergleichsweise sympathisch, weil er tatsächlich ein paar gute Platten gemacht hat auf denen er übrigens auch keinen Text selbst geschrieben hat Ein Songwriter, der nicht selbst dichten kann, hat ein Problem. Wo früher Volker Lechtenbrink und Bernd Meinunger die Annäherungen an einen wunschgemäß kantigen Typen formulierten, zitieren heute die Autoren Leslie Mandoki, Jule Neigel und Lukas Hubert selbst nur sinngemäß aus früheren Maffay-Texten und dem Hausbuch der Küchenphilosophie. Wollen sie besonders originell sein, lassen sie ihn singen: „Weißt du nicht weiter, komm ich von weit her.“ Dass „Die Hölle ist hier“ („Menschenversuche im TV-Labor/ Eiskalte Spieler mit falschem Gesicht“) ausgerechnet vom „Popstars“-Juror Hilbert kommt kann nur ein absichtlich lancierter Witz sein.

Aber hören wir da nicht etwas durch? Eine schöne Orgel zum Beispiel? Klingt „Das geht tief“ vielleicht ein bisschen wie Radiohead? Diese Sehnsucht nach Gott, Gold und Liebe, kommt sie uns nicht bekannt vor? Es nützt alles nichts. Und natürlich ist das Schlager.

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