Pixies

Bossanova

Black Francis’ Erweckung in neuer Vinyl-Edition

Nicht „Doolittle“, sondern dessen Nachfolger, das dritte Album der Pixies, ist ihr bestes. „Doolittle“ hatte die Hits, aber „Bossanova“ die hintergründigeren Songs. Natürlich war es nicht neu, dass Black Francis sich als Dr. Jekyll gebärdete, dann als Mr. Hyde, dass er wie ein Engel auftrat und im nächsten Moment brüllte. Aber die Extreme waren nie so prachtvoll wie hier. In „Rock Music“ schrie er so entmenschlicht, dass es Jahre brauchte, die Zeile „Your mouth’s a mile away“ zu entziffern. „Allison“ dagegen, eine Hymne auf eine aufreizende Außerirdische, kam dem perfekten Popsong recht nahe – und die Band schaffte das in einer Spieldauer von einer Minute und 18 Sekunden.

Youtube Placeholder

An dieser Stelle findest du Inhalte aus Youtube
Um mit Inhalten aus Sozialen Netzwerken zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir deine Zustimmung.

Ufos und Surfen: Francis widmete sich seinen Lieblingsthemen, die auch sehr amerikanische Popkulturthemen sind. Er benutzt dafür Codes unterschiedlicher Deutlichkeit. „There is a ranch they call Number 51“, heißt es in „The Happening“, das klar auf das Sperrgebiet Area 51 in Nevada an- spielt, wo Verschwörungstheorien zufolge an kleinen grünen Männern experimentiert wird. Verzwickter ist „Ana“, bei dem die Anfangsbuchstaben der sechs Songzeilen das Wort „S-U-R-F-E-R“ ergeben. Und die Prärie Old Segona im wunderschönen „Havalina“ existiert gar nicht! Das Lied dreht sich auch nicht um eine schöne Frau, sondern um schöne Schweinchen, die über die Steppe hoppeln.

Die Pixies befanden sich 1990 schon in der Auflösung. Francis und Bassistin Kim Deal jauchzten sich nicht mehr an, sondern zankten miteinander. Im Grunde ist „Bossanova“ die erste Soloplatte des genialischen Songwriters, da Deal als Ko-Vokalistin kaum zu hören ist und Gitarrist Joey Santiago und Schlagzeuger David Lovering die Ideen des Chefs ohne zu fragen umsetzten. Und doch erhielt dieses Album seinerzeit sehr gute Besprechungen. Die Abwertung setzte erst im Jahr danach ein, als Grunge und mit ihm das Loud-Quiet-Loud- Muster zum State of the Art wurde und dieses eben im Frühwerk der Pixies, nicht auf „Bossanova“, seinen Ursprung hatte.

Seine eigene Erweckung, paradoxerweise als in Rätseln singender Träumer, hatte Black Francis aber erst hier. (Beggars/4AD)