Placebo :: Without You I’m Nothing

Glam lebt! Bowie, Bolan, Glitter und Konsorten dürfen sich die Hände reiben oder heftig im Grab rotieren: Glamrock erlebt nicht nur per „Velvet Goldmine“ im Kino eine Revitalisierung, sondern längst auch im musikalischen Sektor der Popkultur. Britische Vertreter der Frischzellenkur für bombastischen Schwulst und schlüpfrigen Textfluß sind seh zweijahren Placebo, deren Glam-Qualität erst jetzt, nach Abidingen der Hysterie um Britpop und des allgemeinen „Alles-in-einen-Topf-Werfens“, deutlich wird.

Mit „Without You I’m Nothing“ legt das Trio aus London ein zweites Album vor, das ohne Zweifel zu den wenigen Höhepunkten gehört, die das britische Königreich in diesem Jahr hervorbringen konnte. David Bowie war von dem lasziven Mix aus Pub-Pop, Glam und Rock’n’Roll sogar derart begeistert, daß er das Trio höchstpersönlich einlud, seine Europa-Tournee zu begleiten. Vielleicht sah er ja in Placebos Brian Molko, androgyn und sexy, seine eigene Vergangenheit wiederauferstehen.

Durch die Rückkehr des etatmäßigen Schlagzeugers Hewitt an seinen angestammten Platz verfügen Placebo auf ihrem neuen Album außerdem über ein gesundes Repertoire an hämmernden Trommel-Grooves, die den rockigen Arrangements einen Hauch HipHop einspritzen. Gepaart mit Molkos pathosbeladenem Lamento über Herzschmerz und Einsamkeit in dieser zynischen Zeit, ergibt sich daraus das überzeugende Bild einer Band, die nach dem ersten Versuch genug Selbstvertrauen gewonnen hat, um jetzt die sprichwörtliche Katze aus dem Sack zu lassen. Die wuchtige Single „Pure Morning“, das pathetische Titelstück „Without You I’m Nothing“ sowie der straighte Rocker „Every You Every Me“ stehen stellvertretend für die musikalische Flexibilität Placebos.

Das so ungewöhnliche wie flamboyante Trio – ein Amerikaner, ein Schwede und ein Brite – wurde übrigens von Michael Stipe verpflichtet in „Velvet Goldmine“ mitzuspielen – als Glamrocker selbstverständlich.

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