Prince

The Black Album

Warner VÖ: 22.11.1994

Zu böse, zu düster und viel zu intensiv für den Massenkonsum, so lautet die Legende, die sich um das sogenannte Schwarze Album rankt. Ein Märchen, wie jeder weiß, der hin und wieder einer Plattenbörse beiwohnt. Dort wird das 1987 kurz vor Veröffentlichung zurückgezogene Werk seither in ausreichender Stückzahl als Bootleg feilgeboten: für ein paar Dollar mehr, aber durchaus erschwinglich. Kein Fan ist mehr ohne. Wozu also denn die offizielle Variante, käuflich erwerben bis zum 27. Januar 1995? Just an jeden Tag soll die Platte nämlich bereits wieder aus dem Verkehr gezogen werden. Eine sinnlose Charade, die nur den einen Zweck haben kann, der Saga vom „great lost album“ (Label-Lingo) ein wenig Leben einzuhauchen.

Erreicht wird eher das Gegenteil. Der Mythos vom tiefschwarzen, mystischen Funk und ach so dreckigen Street-Grooves wird sich vollends verflüchtigen. Denn über weite Strecken gilt: funky it ain’t. Hier atmet niemand, bewegt sich nichts. What do U get? (Ver)kalkulierte P-Funk-Elemente, ein paar halbherzige Electro-Flirts, die obligatorische Verbeugung vor Bootsy Collins und viel Leerlauf. Nicht langweilig sind lediglich das jazzy-messy „Rockhard In A Funky Place“, der quirlige „2 Nights United“-Jam und die auch auf „Lovesexy“ zu Ehren gekommene Beischlaf-Ballade „When 2 R in Love“. Ob es nun ein bei Prince unvermuteter Anflug von Realitätsnähe war oder das schroffe Verdikt eines seiner Vorstandskollegen bei Warner Brothers, der wahre Grund für das damalige

Nichterscheinen des „Black Album“ ist evident: nicht gut genug.

Und ausgerechnet jetzt muß dieses Machwerk uns daran erinnern, daß der einst wagemutige Neuerer Prince schon seit Jahren nur noch ein Schatten seiner selbst ist. War er früher pompös und voller Ideen, so ist er heute nur noch pompös. Seine ehemalige Narrenfreiheit hat er im Dauerchlinch mit seiner Plattenfirma längst ebenso verspielt wie seinen Dauerkredit bei Kritikern. Es ist mühselig geworden für ihn. Auch das ungebremste Demutsgebaren seines Hofstaates, einer Horde selbstgezogener Semi-Talente, vermag ihn nicht mehr so recht aufzuheitern. Das Symbol hat sich verrannt.

Übrig bleibt, welch Ironie, the artist formerly known as Prince. Als solcher gelang im anläßlich der so trostlosen wie an Stars armen MTV-Show in Berlin immerhin ein schönes Stück Selbstinszenierung. Sein Auftritt war der beste, seiner und der von Roxette. Sign o‘ the times. Wolfgang Doebeling