Procol Harum – Grand Hotel/Broken Baricades/Live In Concert With The Edmonton Symphony Orchestra
Der Abschied von Organist Matthew Fisher bedeutete, dass Procol Harum damit jeden Bezug zu „Highway 61 Revisited“ und „Blonde On Blonde“ gekappt hatten. Dylan-Fan Keith Reid schmuggelte mit „Playmate Of The Mouth“ (sic!) zwar eine sehr persönliche Hommage an sein Idol ein, aber die dürften wenige als solche sofort identifiziert haben. Sehr viel klarer war die Sache im Fall von „Song For A Dreamer“, Robin Trowers Hommage an den vor kurzem gestorbenen Jimi Hendrix, den er „auf der anderen Seite des Mondes“ zu treffen hoffte.
Von den drei Songs, die er zu „Broken Barricades“ (3,5) beisteuerte, war „Memorial Drive“ ein schon ziemlich ungenierter Klau beim Free-Ohrwurm „All Right Now“. Der Begriff „Inspiration“ verbietet sich hier nun doch, trifft aber auf „Poor Mohammed“ zu, ein sehr munteres, vom Kollegen Jimmy Page inspiriertes Stück Bluesrock. Sehr heavy klang seine Gitarre bei „Simple Sister“ – auch einer jener Songs, die er zur Blaupause seiner wenig später begonnenen Solo-Karriere machen sollte. Einer der wenigen, der an die Lyrismen von „A Salty Dog“ anknüpfte, war der Titelsong.
Weil nach einem Dutzend Tourneen quer durch Nordamerika in den USA ungleich erfolgreicher als daheim, schnitt man für die nächste LP einen Auftritt mit dem Edmonton Symphony Orchestra in Kanada mit. Mit dem sicher von niemandem erwarteten Resultat, dass das konzertante „Conquistador“ in die Top 20 der Single-Hitparade kletterte und der auf LP-Länge gekürzte Mitschnitt „Live In Concert With The Edmonton Symphony Orchestra“ (3,5) zum Millionenseller und zum erfolgreichsten Album der Band avancierte. Die bei den Proben mitgeschnittenen „Simple Sister“ und „Shine On Brightly“ sind einer der besseren nachträglich doch noch zu hörenden Soundchecks, während das konzertante „Luskus Delphi“ – mit dem Orchester an dem Abend aufgenommen – es vorher nur auf die B-Seite der Hit-Single geschafft hatte und hier die erste der drei Zugaben ist. Exzellent remastered ist hier auch das spektakulärste Stück des Abends, die ziemlich mit Beethoven, Rachmaninoff und russischer Folklore kokettierende Darbietung der „In Held Twas In I“-Suite.
Noch einiges mehr an osteuropäischer Folklore arbeiteten Brooker und Reid in die Songs des folgenden Albums ein. Das wurde ein ganz wunderbar dekadentes Stück Pop, zu dem bei Kerzenlicht die Ober im Hotel Ritz auf Fingerspitzen tanzen, Champagner in Strömen fließt und nach edlem Fisch flambiertes Obst als Nachspeise gereicht wird. „Where’s my Continental bride?“ fragt Brooker, „we’ll continental slip and slide.“ Warum diese französischen Mädchen immer so beißen und kämpfen wollen, versteht er nicht so recht. Die Liner Notes behaupten zwar, der Titelsong klinge auch ohne das Orchester (eine von zwei Zugaben der Remaster-Ausgabe) ganz schön majestätisch. Aber mit dann doch richtig! Lange vor „A Night At The Opera“, „Bohemian Rapsody“ und Queen-Exzessen ein Triumph von gutem Geschmack.