Quincy Jones – Q´s Jook Joint

Quincy Jones WEA Was macht ein Mensch, der alles erreicht hat? Er trifft sich regelmäßig mit Freunden, trinkt mit ihnen ein Bier und plaudert über alte Zeiten und die Zeichen der Zeit. Dann macht er weiter wie bisher. Quincy Jones hat alles erreicht. Drei gescheiterte Ehen, 26 Grammys, 300 Millionen Dollar Vermögen und ein Kind von Nastassja Kinski, dem traurigsten Stern unter den Stars. Trifft er sich mit Freunden, die alle Kollegen und prominent sind, nimmt er mit ihnen eine Platte auf. So spielte er „Back Ott The Block“ ein, worauf er die schwarze Musik vom Bebop bis zum Hip-Hop durchmaß. Manchmal entsteht nebenbei ein Film wie „Listen Up“, eine Dokumentation zu den gleichnamigen musikalischen Memoiren des Meistermachers. Quincy Jones wollte stets alles, vor allem alles in einem und alles auf einmal. “ Quintessence “ hieß bezeichnend eines seiner Alben. Er fiebert geradezu nach der musikalischen, medialen, multikulturellen Metamorphose. Er produzierte Michael Jacksons „Thriller“ und „E.T.“ von Steven Spielberg, interpretierte Händeis „Messias“ als afro-amerikanisches Gesamtkunstwerk und verfilmte die Biographie des russischen Dichters Alexander Puschkin. Er ist Musik-Mogul, „Mann des Jahres 1982“ und mittlerweile Multimedia-Manager. Alles ist niemals genug. Natürlich macht er weiter wie bisher. Und ist alles erreicht, macht man alles halt noch einmal. Die schwarze Eminenz des Show-Biz, deren Plattentitel „The Dude“, „The Best“ oder schlicht „Q“ gerade in ihrer Reduktion die Allmacht betonen, bekennt sich gerne zum Spontanen, Momentanen, Exzessiven im Jazz. Da Jones kein Purist ist und neben seiner Profession auch Sinn für das Populäre hat, gerieten aber selbst eigene Platten immer mehr zum Maß von Perfektion in der Produktion. „Q’s JookJoint“ ist ein schwarzer Slang-Begriff und meint die Swing-Sessions in Bars und Tanzcafes. Aber die angestrebte archaische Atmosphäre ist womöglich der einzige Groove, den eben Quincy Jones nicht produzieren kann – oder nicht mehr. „Q’sjookjoint“ gefällt als makellose Neuinterpretation alter Hits, die der master of the mix mit modernen Mitteln aufpoliert und mit Rap-Elementen verknüpft – eine Neuerung ist es nicht. Quincy Jones ist ein begnadeter Arrangeur von Stimmen und Stilen. So paßt Gesangsmodel Naomi Campbell betörend zu R. Kellys samtiger Ballade „Heaven’s Girl“. Den Rapper Heavy D mischte er zusammen mit Michael Jacksons „Rock With You“, was allerdings wenig bewirkt, da beide ihr Duett-Debüt schon bei ,Jam“ gaben. Vieles erinnert an Jackson, was nachhaltig belegt, wie wichtig Jones für den introvertierten Exzentriker war. Ansonsten ist „Q’s Jook Joint“ eine gemächliche Anthologie vom Bar-Blues bis zum Soul-Schmalz und eine nicht uneitle Autobiographie. Die Anekdoten im Booklet zu jedem Musiker und Song rühren. Das dürfen nur alte Männer machen, die alles erreicht haben. OLIVER HÜTTMANN

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