Randy Newman – Live In London (CD + DVD)

Nonesuch / Warner VÖ: 18. November 2011

Die Kameras bewegen sich überall in diesem von goldenem Licht durchfluteten Kirchenraum, umkreisen die Bühne, sind plötzlich hinter dem Rücken des Klavierspielers, linsen unter einer Geige hindurch, fangen das Lachen eines Zuhörers ein, blicken vom Balkon hinunter. Randy Newman schaut einmal mit einem Auge hinter den Brillengläsern auf die fliegende Kamera, etwas abgelenkt von seinem Vortrag. Die Lider sind schwer, die Lieder sind leicht: „Marie“, „Mama Told Me Not To Come“, „It’s Money That I Love“, three-four, „Rollin’“, „Losing You“, „Simon Smith And His Amazing Dancing Bear“. Das BBC Concert Orchestra unter der Leitung von Robert Ziegler fällt nur bei der Hälfte der Stücke ein, meistens den gravitätischen und melancholischen.

Der Witz bei „God’s Song“: „Nun spricht Gott zu Ihnen – durch mich! Ich war auch überrascht. Man sollte meinen, dass er sich jemanden mit größerem Erfolg aussuchen würde – Paul McCartney , Phil Collins … die Arctic Monkeys.“  In „The World Isn’t Fair“ erzählt er wieder von seinen Kindern, dem Elternabend, den attraktiven Müttern und den froschähnlichen älteren Männern. Seit zehn Jahren hat er diese Schnurren im Programm, ebenso das Mitsingen bei „I’m Dead (But I Don’t Know It)“ und die Anekdote, dass alle Altvorderen immer weitermachen: Das erste Abschiedskonzert einer noch immer kreglen Band sei bereits 1984 anberaumt worden. „I have nothing left to say/ But I’m gonna say it anyway.“ Bei „You Can Leave Your Hat On“ verweist Newman auf die Fassungen von Joe Cocker und Tom Jones. „You give me reason to live“, bibbert der Sänger: „Als ich den Song schrieb, war ich 26 und hielt das für einen Witz – heute weiß ich, dass es die Wahrheit ist.“

Ein wenig mehr Orchester hätte es sein können bei diesem ersten offiziellen Mitschnitt eines Newman-Konzerts (aus dem Jahr 2008): Es ist unverständlich, weshalb der Meister auf „In Germany Before The War“, „Sigmund Freud’s Impersonation Of Albert Einstein In America“ und „Texas Girl At The Funeral Of Her Father“ verzichtete. In dem Backsteinbau ist Randy Newman mehr Minstrel-Sänger, Ragtime-Pianist und Jahrmarkts-Unterhalter denn je. Und er reißt die Possen wie ein Zirkusclown – immerhin ist er ja in der größten Kirmesbude der Welt der Mann, der für die flackernden Kinobilder die Musik liefert.