Randy Newman :: Songbook Vol. 2
Bezwingende Piano-Fassungen von Klassikern des alten Teufels
Gegen das erste Songbook wurde 2003 eingewandt, dass Newmans Songs in nackten Klavier-Versionen niemals den Reichtum der orchestralen Fassungen haben. Das bleibt zwar richtig. Doch auf „Songbook Vol. 2“ tritt eine zweite Gewissheit hinzu: Der Lüstling in „Suzanne“ ist auf „12 Songs“ nicht sooo unheimlich, die Panik des Erzählers von „Lucinda“ nicht sooo greifbar, der asiatische Talmi von „Yellow Moon“ nicht derart albern und brutal. „The Girls In My Life“ tönt hier noch hohler vor Einsamkeit, bei „Kingpin“ übertreibt Newman den southern drawl ins Stottern und Lallen, und das harmlose „Sandman’s Coming“ deutet plötzlich unheilvoll auf einen ganz anderen Gesellen der Nacht. Und sogar das auf „Trouble In Paradise“ mit kräftigem Rock-Arrangement gestützte „My Life Is Good“ – eines von Newmans größten Kabinettstücken – gewinnt noch an Intensität und Giftigkeit, wenn der Sänger in den selbstgefälligen Refrain und die notorische Springsteen-Passage fällt.
Natürlich fehlt einem das geschmeidige Rollen von „Dixie Flyer“, das ja die Bahnfahrt von Los Angeles nach New Orleans hörbar macht. „Birmingham“ ist schönste Südstaaten-Parodie, und „Baltimore“ funktioniert auch ohne den kitschigen Eagles-Chor „Man, it’s hard just to live“. Die Kadenzen von „Last Night I Had A Dream“ hämmert der vor Angst schwitzende Klavierspieler so geschwind, dass man Ry Cooders gedehnte Gitarren-Licks nicht vermisst. Das läppische „Laugh And Be Happy“ ist nun reiner Zirkus-Tingeltangel. Wenn Randy Newman in „Same Girl“ die Höhen nur noch andeutet, dann schneidet „the same sweet smile, the same blue eyes“ umso unerbittlicher ins Herz: 28 Jahre sind vergangen.
Die Darbietungsform entspricht dem Künstler: Randy Newman ist ein Ragtime-Pianist, ein böser Blues-Mann vom Jahrmarkt, und er ist ein Geschichtenerzähler. Wir haben es hier mit den Negativen der grausamsten und luzidesten Songs der Musikgeschichte zu tun. (Nonesuch/Warner) Arne Willander