Replays 1 von Franz Schöler

Mit einer schier nicht enden wollenden Flut von Konzertmitschnitten, Kompilationen, Archivausgrabungen älterer Studio- und Live-Aufnahmen und nur ausnahmsweise herausragenden neuen Studio-Produktionen wie „Elvis Country“ übertraf ELVIS PRESLEY zu Beginn der 70er Jahre noch den Rekord des jungen WUlie Nelson, der es mal auf 18 LPs binnen drei Jahren gebracht hatte. Zu diesem Zeitpunkt, schreibt Dave Marsh in seinen Liner Notes zu „Walk A Mile In My Shoes – The Essential 70s Masters“ (RCA 303312), war Elvis ein Künstler „with nothing to prove“ geworden. Womit er durchaus doppeldeutig auch das ganze Dilemma dieses Megastars auf den Punkt bringt: Nicht einer seiner Live-Mitschnitte erreichte nochmal die Qualitäten seines „NBC TV Special-Comebacks – weshalb man für diese 5 CD-Box aus diversen Auftritten eine CD als das „ultimative“ Elvis-Konzert komponierte -, und niemand in seiner Umgebung mochte ihn davon überzeugen, daß er seinen Fans auch mal wieder ein Meisterwerk wie „Front Elvis In Memphis“ schuldig war. Wer den späten Elvis auf der Bühne als eine degoutante Selbstparodie empfand, der sich auch noch selber bisweilen peinlich veralberte, der wird durch Dave Marshs Apologie und die hier chronologisch sortierten Aufnahmen – darunter einige vorzügliche Raritäten! – womöglich doch noch zu der Auffassung kommen: In seinen lichteren Momenten war dieser von allzu vielen Chemikalien ruinierte Mensch auch in seinen späteren Jahren noch ein Sangestalent von Ausnahmerang. Selbstverständlich leistete das hier für die Klangtechnik verantwortliche Team ganze Arbeit 4,0 Was mit geringfügigen Einschränkungen auch für die Remix-Version von „Who’s Next“ gilt, die jetzt – zuzüglich sieben Bonus-Tracks – vorgelegt wurde. In der Klang-Qualität entspricht die endlich im wesentlichen der amerikanischen vom Original-Master produzierten CD. Mit dem Ergebnis, daß hier (Polydor 527 760-2) natürlich auch der neueste Remix von „Baby O’Riley“ um Welten besser klingt ab auf der schlicht katastrophalen ersten deutschen CD-Fassung. Schade ist ebenfalls, daß sich Pete Townshend nicht dazu entschließen mochte, auch die restlichen vom „Lifehouse“-Projekt übriggebliebenen Songs hier zu veröffentlichen (was nur auf teurerer Doppel-CD möglich gewesen wäre). Auf welch kreativer Höhe er damals komponierte, belegen aufs faszinierendste die Outtakes, die Ur-Versionen von „Pure And Easy“ und „Behind Blue Eyes“ (AI Kooper an der Orgel) genauso wie der Live-Mitschnitt von „Water“. Rätselhaft ist auch, warum die hier vorgelegte Studio-Aufnahme von Marvin Gayes „Baby Don’t Yoa Do It“ ebenfalls noch nie veröffentlicht wurde. Grandioser musizierten THE WHO nie als in diesen frühen 70er Jahren! Und das heißt: In diesem Fall wären allein die knapp 35 Minuten an Raritäten das Geld für die Platte wert. 5,0 Wie man es mit einem einzigen Hit zum Status einer Legende zumindest für Eingeweihten-Zirkel bringen kann, dafür steht exemplarisch auch JODY REYNOLDS. Dessen Jitidless Sleep“ (wiederveröffentlicht auf einer CD gleichen Titels neben 24 weiteren Aufnahmen, Gee-Dee Music 270106-2) schaffte es 1958 unter die Top 5 der US-Hitparade. Mysteriös ist nur, wieso Chris Isaak diese famose Todessehnsuchts-Ballade nie aufnahm. 2,5 Im selben Jahr machte ein einziger „Song“ – das Instrumental „Rumble“ – den Kollegen LINK WRAY weltberühmt. Das Original findet man jetzt auf „The Cadence Story“ (Ace CDCHD 550/TIS), einer Art Listener’s Digest-CD jenes Labels von Archie Bleyer, dessen bekannteste Sänger nach den Everly Brothers die Chordettes (JLollipop“) und Johnny Tillotson (JPoetry In Motion“) waren. Der bekannteste Schüler des besagten Mr. Bleyer wurde – wie die Liner Notes erläutern – ein gewisser Phil Spector. Auch und gerade wegen dieser Liner Notes eine nicht nur Nostalgikern empfohlene CD! 3,5 Auf zwei separaten CDs gibt es seit neuestem auch jene insgesamt weiteren 21 Aufnahmen, die die FRATERNITY OF MAN neben ihrem durch „Easy Rider“ unvergeßlich gewordenen „Don’t Bogart Me“ unter Anleitung von Produzenten-Legende Tom Wilson 1968/69 eingespielt hatten: „The Fmternity Of Man“ (Edsel EDCD 437) und „Get It On“ (EDCD 438/beide über TIS). Allem schon wegen der Nachwirkungen, die die als Country-Heuler getarnte Marihuana-Hymne haben sollte, verdiente sich diese Psychedelik-Truppe (mit Elliott Ingber alias Winged Eel Fingerling an der Gitarre und Richie Hayward hinterm Schlagzeug) eine Fußnote in jeder Geschichte des Country-Rock. Die entschieden konsumentenfreundlichere „two on one“-Lösung technisch problemlos möglich! wäre bei derlei Raritäten allerdings willkommener. 3,5 Wie man so etwas praktiziert, fuhrt das Oldies-Label Ace einmal mehr mit Volume 5 von „The Golden Age Of American Rock’n’Roll“ vor (CDCHD 600/TIS). Belegen sollen diese 30 Ohrwürmer vom Kaliber „It Will Stand“ (The Showmen), „Tallahassee Lassie“ (Freddy Cannon) und „I’m Leaving It Up To You“ (Dale & Grace), da die Jahre zwischen Elvis‘ Abmarsch in die Army und der Ankunft der Beatles ganz so trostlos denn auch nicht waren. Nicht zuletzt wegen der sorgfaltigen Überspielungen: 4,0 Mehr Glück harte im selben Jahr Aüround-Genius TODD RUND-CREN. Der einzige Hit „I Saw The Light“ katapultierte sein Über-Werk „Something/Anything?“ in die Top 30 von „Billboard“. Und das existiert in bestmöglicher Klang-Qualität auf zwei goldbedampften CDs (MFSL UDCD 2-591/über in-akustik): ein teures Teil, das man sich angesichts der artistischen Meriten unbedingt zu Weihnachten dieses Jahres gönnen sollte! 4,0

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