Ace of Spades

Statistisch beträgt die Wahrscheinlichkeit etwa 1 zu 45 Millionen. Straight Flush schlägt Full House, Edward G. Robinson gewinnt damit gegen Steve McQueen in „Cincinnati Kid“, dem bekanntesten und besten Film über Poker. Wie unrealistisch es ist, dass diese Kombinationen aufeinandertreffen, zumal bei nur zwei Spielern am Tisch, wissen die Zuschauer nicht. Es ist auch egal. Norman Jewison illustrierte damit 1965 im letzten Akt eines menschlichen Dramas aus Täuschungen und Selbsttäuschung aber die Wucht des Moments zwischen Himmel und Hölle, wie es nur beim Poker passieren kann. In McQueens erstarrtem Gesicht spiegelt sich ratlose Leere angesichts der Demütigung, ja Zerstörung seines Egos. Poker ist ein brutales Spiel. Es kann Existenzen schaffen und vernichten, hält Legenden parat, die sich anhören wie aus der Nibelungensage, und hatte stets einen miesen Ruf. Denn Poker bedeutet lügen und tricksen – und wer trotz der simplen Regel mit Assen im Ärmel nachhalf, wurde früher aufgeknüpft. Heute ist dieses uramerikanische Kartenspiel ein weltweiter Sport zwischen Partyspaß und Goldrausch, vor allem im nie geschlossenen Internet, seit der junge Australier Chris Moneymaker 2003 als Online-Qualifikant mit dem Finale der World Series Of Poker in Las Vegas drei Millionen Dollar gewann. Geld scheffeln aber «T fast nur die Poker-Portale mit drei Milliarden Dollar Jahresumsatz. Besser verkauft sich im Web nur Sex.

Auch Hollywood hat Poker längst wiederentdeckt. Brad Pitt und George Clooney setzten sich in „Ocean’s Twelve“ zu einer Partie zusammen und spielen auch privat. Für „Casino Royale“ wurde Bonds Baccara gegen Poker ausgetauscht, selbst in „Michael Clayton“, „My Blueberry Nights“ oder der Märchenromanze „Penelope“ taucht es auf. Nach Curtis Hansons „Glück im Spiel“ behandelt nun auch „All In – Alles oder Nichts“ (Start: 12.6.) die Pokerszene, aber mit gezinkten Karten: Die Story vom Altmeister (Burt Reynolds), der ein junges Talent fördert, ist mit Martin Scorseses Billard-Drama „Die Farbe des Geldes“ identisch. Das Trauerspiel dient eher als Werbeplattform für die Website „Pokerstars“ und die neue World Poker Tour.

Der Kurzauftritt von Jennifer Tilly, die bereits mehr spielt als schauspielert und mit dem Profi Phil Laak liiert ist, verdeutlicht zudem den heutigen Status von Poker als Show wie Wrestling mit verschiedenen Typen. Top-Spieler wie Phil Hellmuth oder Daniel Negreanu sind Promis und vermarkten sich neben Hollywood-Stars auch in der dokumentarisch angelegten Komödie „The Grand“. Sogar Werner Herzog ist dabei. Heute wird meist Texas Hold’em gespielt mit zwei verdeckten eigenen und fünf offenen gemeinsamen Karten, da die Variante anschaulich fürs Publikum ist. Irgendwo im TV gibt’s immer Poker und mit „Tilt“ auch eine Serie.

Klassisches Poker ist Five Card Draw mit fünf verdeckten Karten wie im Western „Höchster Einsatz in Laredo“ mit dem gerissensten Bluff aller Zeiten. „Man spielt den Gegner, nicht die Karten“, heißt es beim Stud Poker in John Dahls „Rounders“ (1998). Robinson meint einmal süffisant: „Er scheint nicht viel Glück zu haben“, und McQueen erwidert trocken: „Er verliert leicht die Nerven.“ Tatsächlich braucht man beides – und Geduld. Ohne gute Karten hilft auf Dauer auch Geschick nicht. Mal muss man alles riskieren, meist aber wissen, wann man nicht gewinnen kann. Wie im Leben geht es um Entscheidungen. Und jeder liegt mal falsch. Dann nützt keine Mathematik.

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