REPLAYS 2

BRINSLEY SCHWARZ – gruppiert um den gleichnamigen Gitarristen und die vorzüglichen Songschreiber Nick Löwe und Ian Gomm – waren die wahrscheinlich beste Band der sogenannten Pubrock-Ära zwischen 1972 und 1976. Ihr Leben davor (und parallel) hat seitdem viele Fans der Kapelle sammeltechnisch zur Verzweiflung gebracht. Eine einzige CD schafft jetzt Abhilfe: „Hen’s Teeth“ (Edsel EDCD 546) präsentiert zunächst alle zehn Tracks, die Schwarz & Co. als Klippington Lodge unters Volk brachten. Dazu gibt’s die A & B-Seiten von Single-Titeln, die nicht auf den Original-Alben der Combo enthalten waren. 45er unter Pseudonym runden die Scheibe ab: als The Hitters, The Brinsleys, The Knees und Limelight versuchte die Gruppe Seiteneinstiege ins Geschäft. „Hen’s Teeth“ ist nicht nur ein chronologisch aufgebautes Bonbon für Sammler. Die 22 Songs, darunter Beades-Cover wie „In My Life“, „Day Tripper“, „Tell Me Why“ und „I Should Have Known Better“, stehen durchweg auf bemerkenswertem Pop-Niveau, das seinerzeit jedoch kaum jemanden interessierte. Schön, daß auch aus England mal eine sinnvoll-systematische Kopplung kommt. 4,0

TOM JONES war „damals“ natürlich igittigitt. Aus der Distanz von schlappen 25 Jahren betrachtet, sind seine Frühsiebziger-Alben noch immer eine zumindest zweischneidige Angelegenheit. „I Who Have Nothing“/“Tom Jones Sings She’s A Lady“ (Repertoire REP 4694) und „The Body And Soul Of Tom Jones“/“The Young New Mexican Puppeteer“ (REP 4695) wurden jetzt auch zwei Einzel-CDs zusammengeschoben. Unbehagen steht weiter neben Zustimmung: Lieferte der Waliser (live Zielpunkt internationalen Schlüpfer-Schleuderns) eben noch grandios aufbereitete Cover-Versionen in Top-Arrangements ab, kippte er schon im nächsten Moment in aufgesetztes Hitparaden-Gesülze ab; eine unheilige Allianz, die sich durch sein gesamtes Schaffen zog. Eine definitive Jones-Compilation kann sich nur jeder selbst brennen – zu groß ist das Qualitätsgefälle auf jeder Scheibe. Anders als mit 1,0 bis 4,0 sind diese beiden CDs nicht zu packen.

Auf „The First Cut „(Castle CCSCD 819) finden sich „Kafunta“ und „The First Lady Of Immediate“, die beiden Original-Longplayer der Pop-Soulistin P. P. ARNOLD: Songs zu Beispiel von Jagger/Richards, Lennon/McCartney, den Bee Gees, Marriott/Lane, Tim Hardin, zwei Top-Hits („Angel Of The Morning“, „The First Cut Is The Deepest“), eine beeindruckende schwarze Stimme – und noch immer eine schwächelnde Sound-Qualität, Schade eigentlich, daß die Amerikanerin nie aus dem Schatten der sie beim Immediate-Label umgebenden 60’s-Größen heraustreten konnte. Und ärgerlich, daß offenbar kein Live-Material mit ihrer Begleitband existiert; denn P. P. & The Nice, das hätte wohl was…3,0

Ein gewisser BOBBY CALLENDER durfte 1968 in New York City eine Schallplatte aufnehmen. „Be true, be true“, deklamierte er, „as life is to you. Love the sky, for it cries for you.“ Dazu zirpte die Sitae, plonkerten Tablas, schluchzten Geigen, und Bobby war gar nicht mehr zu bremsen im Brühen, Farben in Töne umzusetzen (oder so ähnlich). Schon ein paar Jährchen später tummelten sich importierte Cutout-Ausgaben für Peanuts in den Grabbelkisten – heute soll „Rainbow“ (Big Beat WIRCD179) als Kult-CD verkauft werden. Von verrenteten Kiffern? Von Ohr-Masochisten? Oder von Peter Maffay? Wenn der das hört, macht er womöglich – mit Runzelstirn „aber so was von betroffen“ – eine ganze Tournee draus. 1,0

„A-MH“: Wer sich 1969 diese LP zulegte, der traute sich was oder kalkulierte messerscharf, um damit anzugeben wie Volle, Andy CLARK und Mick HUTCHINSON hießen die beiden englischen Multi-Könner, die – für die damalige Zeit – etwas eher Unerhörtes hinlegten: fünf endlose Instrumentals, pendeln zwischen klassischen und spanischen Improvisationen, zwischen schwerem Progressive-Riffing und Zupferei auf der Elektrischen, ohne daß die eigene Handschrift dafür über den Deister ging. Besonders Hutchinsons Gitarren-Exkursionen (ohne technisch nachgefügten Firlefanz, alles Handarbeit) sorgte für wissendes Kopfnicken mit verklärter Kompetenzmiene – mit Recht, denn der kreative Flinkfinger machte Legionen bloß vordergründiger Gniedler platt: 4,0 ,noch heute ein echt starkes Stück (Repertoire PMS 7081/IMS). Hatte „A -MH“ wirklich zeitlose Güte, ging schon der Nachfolger fast kläglich in die Wicken. Aufgestockt zum Quartett, degradierte sich die Band zu einer von ganz vielen aus dem Bereich „bluesiger Rock“. Nur wiederum Hutchinsons Saitenarbeit überzeugte erneut, während sich Clark darauf beschränkte, wie ein Beknackter durch die Gegend die brüllen. Jfetribution“(PMS 7088/-IMS) ist, verglichen mit dem ungewöhnlichen Debüt, nahezu ein Nichts. 1,5

„As You Like It, Vol. 1“ (Westside WESM 523) bietet JOHN CARTER an, Englands unbekannteste Top-Song-Maschine der Sechziger und Siebziger, der unter Dutzenden von Namen und Pseudonymen (Carter Lewis 8C The Southerners, Ivy League, Flowerpot Men, Scarecrow, Haystack etc.) Hits abgegriffen oder sie weiterverhökert hat (Herman’s Hermits, Music Explosion, Fourmost, Peter & Gordon, Brenda Lee, Troggs, Manfred Mann, Mary Hopkin etc.). Jetzt hat Carter sein Demo-Arciv der Jahre 1963 bis 1967 geöffnet – und was da an liegengebliebendem Liedgut zutage tritt, danach würden sich Heerscharen anderer Schreiber und Interpreten alle verfügbaren Finger lecken! 26 Titel in prima Soundqualität, sämtlich unveröffentlichter Harmony-Pop der gehobenen Güteklasse mit jeder Menge verhinderten Chart-Materials – Ohrwürmer im Dutzend. 3,5

In Kürze: Wer eine punktgenaue Wellenreiter-Kopplung haben möchte, muß bei „Surf“ aus der Reihe „Hard Rock Café“ zugreifen (Rhino R2 75-231). Die 16 definitiven Tracks, mit Dick Dale, Chantays, Surfaris, Ventures, Beach Boys, Jan & Dean, Astronauts usw. – alles Wesentliche, 40 Minuten kurz, dafür ohne jeden Ballast: ausschließlich Extra-Klasse, und im Grunde auch völlig genug. 4,0

Bevor UDO LINDENBERG zum Verwalter seiner medialen Legende wurde, prägte er den Ton der 70er Jahre. Auf „Raritäten & Spezialitäten “ (TIS) sind Udos Romantizismen versammelt – darunter „Candle In The Wind (auf deutsch)“. Nostalgisch. 3,0

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