Replays 2 von Bernd Matheja

In Rick Halls Farne-Studios in Alabama wurden Hits wie „You Better Move On“, „When A Man Loves A Woman“ und „Hold What You’ve Got“ eingespielt 1962 siedelte Hall mit Sack und Pack nach Muscle Shoals um. Die Session-Musiker, die dort Southern Soul der obersten Güteklasse in Serie raushauten, umflort bis heute eine ganz besondere Aura: Eddie Hinton, Jimmy Johnson, Spooner Oldham, David Hood, Roger Hawkins. Und natürlich DAN PENN, Baujahr 1941. Er schrieb Hits u.a. für Aretha Franklin, Percy Sledge, Clarence Carter und produzierte die Erfolge der Box Tops. Seine 1973 auf Bell erschienene Solo-LP war lange so etwas wie die Mini-Mauritius der Plattensammler. Jetzt liegt „Nobody’s Fool“ (Repertoire REP 4622) auf CD vor, die wohl intensivsten 30 Minuten und 17 Sekunden, die je konzipiert und umgesetzt wurden. Jeder Track ein Brodeln, Schmelz, Tearjerker mit symbolischer Feingoldbeschichtung. Penn schaffte es, Balladen-Monster zu kreieren, die bis ins Mark zielten, dabei stets die Zwölf trafen und dennoch nach je 230 Minuten (oder so) alles verkündet hatten. „I Hate You“, „Skin“ oder „Prayer For Peace“ sind Meilensteine der Soul-Melancholie. Und quasi nebenbei ließ die Super-Crew eine „Lofi“-Version vom Stapel, wie sie sich John Fogerty nicht besser wünschen könnte. 5,0 für eine Mega-Scheibe (Frage: Wann folgt die noch seltenere, ebenso starke „Very Extremely Dangerous von Eddie Hinton?).

Als David Bowie 1972 die Synthesizer-Dienste der experimentierfreudigen New Yorker Sängerin und Keyboarderin ANNETTE PEACOCK in Anspruch nehmen wollte, bekam er postwendend zur Antwort: „Üb‘ doch selbst.“ Nein, leicht hat sich die resolute Lady ihren Karriereweg eigentlich nie gemacht. Die heute 55jährige spielte sechs Jahre später „X-dreams“ (See For Miles SEECD 451/TIS) ein. In ihrer immerhin 21köpfigen Begleitband standen Asse wie Mick Ronson, Chris Spedding, Kuma Harada, Bill Bruford, Steve Cook und andere. Das Resultat – als CD lange vergriffen, jetzt wieder aufgelegt – konnte sich hören lassen; stellenweise allerdings ist ohrtechnisches Wohlwollen gefragt: Die Dame gurrt, schreit, preßt, quiekt und reizt die Stimmbänder bis zum Ausleierfaktor 100 – und bleibt doch durchweg faszinierend im vollendeten Bemühen, sich in Grenzbereiche vorzuwagen, ohne plumpe Andersartigkeit zu zelebrieren. 3,0 für eine un- und außergewöhnliche englische Aufnahme der Endziebziger, als landesweit eher schlichtere Konstruktionen angesagt waren.

Selbst für viele SCOTT-WALKER-Fans endete die Bewunderung ihres Idols oft nach der fabelhaften, ewig unterschätzten „Scott 4“-LP. Was danach aus dem Hals des Amerikaners kam, wurde größtenteils als Stationen eines Niedergangs schubladisiert – was für einige seiner offenbar nur widerwillig eingespielten LPs auch durchaus zutraf. Mit in die Grütze geritten wurde dabei auch oft „Til The Band Comes In“ von 1970 (BGOCD 320/ TIS) – warum eigentlich? Walker/Engel verließ sich weiter auf Erprobtes der frühe(re)n Jahre, und erweiterte das Spektrum um Titel mit Barroom-Flair, um Material von Henry Mancini und – Country-Nummern. Tracks wie „Thanks For Chicago, Mr. James“, „The War Is Over“ oder „Joe“ halten in all ihrer Wucht mühelos den Standard seiner lichtesten Momente. Daß ein uninspirierter Vaudeville-Langweiler (Jean The Machine“) als Fremdkörper eingestreut wurde, kann aber den Gesamteindruck von 3,5 in keiner Weise schmälern. Den ganz jungen Scott Walker als Schlager- und Rockabüly-Sänger in den 50er Jahren bringt „Looking Back With Scott Walker“ (Repertoire) zurück, darunter 13 unveröffentlichte Songs. For ffälkerpeopleonh, denn die Stücke stammen von der Stange, die Stimme strahlt noch nicht Die Iiner Notes von Chris Welch lohnen. 3,0

In Rock’n’Roll-, Blues- und Country-Kreisen genießt der amerikanische Haudegen SLEEPY LABEEF höchstes Ansehen. Seit 1955 nimmt der Crossover-Spezialist aus Arkansas Platten auf, ohne bis heute jedoch den Überknaller chartwise aus dem Western-Hut gezogen zu haben. „Larger Than Life“ (BCD 15662) ist der adäquate Titel, den Bear Family Records einer weiteren Mammut-Box des Hauses verpaßt haben: Vollbedienung für Fans des Sängers/Gitarristen – 159 Songs, verteilt auf sechs CDs, alle Tracks für Columbia (1965-67), Sun (1970-79), fuderweise Einspielungen für kleine Labels wie Starday, Finn und Dixie sowie rare bzw. unveröffentlichte Demos. Das 28seitige Groß-Booklet informiert über den Künstler wie gewohnt umfassend – deshalb 4,0 für eine Generalstabsarbeit.

Es war – obwohl stilistisch natürlich völlig anders gelagert – wie bei Sandte Shaw: Eine sehr junge Interpretin, deren Stimmumfang der Mitte einer Eieruhr gleicht aber exakt auf das angebotene Songmaterial paßt. Für die in Deutschland aufgewachsene TANITA TIKARAM kam 1988 alles etwas zu schnell. Die „Best Of‘-Compilation aus fünf Alben (eastwest 0630 151062/18 Titel) der inzwischen gerade mal 26jährigen spiegelt das eigenartige Flair wider, das ihre Songs umgab. Wer der unglücklich Abgetauchten nach langer Pause mal wieder ein Ohr leiht, wird zwar einige Perlen (neu) entdecken, aber auch eine „Sängerin“, die sich nicht selten rettungslos in trübseligsten, aufgesetzt wirkenden Weltschmerz mit Ansagen hineinmanövriert hatte. 2,5

Repertoire hat die ersten beiden Original-LPs von ALAN PRICE auf CD umgehoben: „The Price Tb Play“ (REP 4611) und ,A Price On His Head“ (REP 4612) – plus 23 Bonus-Tracks. Die insgesamt 48 Titel decken den Gesamtausstoß des Organisten zwischen 1965 und 1970 ab, dessen jazziger Rhythm & Blues mit leichtem Pop-Einschlag bei uns bislang nur auf einer Compilation-CD zu hören war. 3,0

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