REPLAYS1 :: von Franz Schöler

He’s a session man, a chord progressian, a top musician…“ sang Ray Davies mal über Nicky Hopkins. Diese Hommage trifft auf DAVID BROMBERG nicht weniger zu. Der war eine virtuose „Aushilfe“ an vielerlei Saiteninstrumenten für prominente Kollegen, die ihm das heimzahlten, als er bei Columbia seine „Solo“-Karriere begann, indem sie als Gaststars auftraten: Emmylou Harris und Bob Dylan, Grateful Dead und andere. Im Zweifelsfall sang und spielte Bromberg aber auch vollkommen solo den „Statesboro Blues“ von Blind Willie McTell wirklich wie kein anderer! „The Player: A Retrospective“ (Columbia Legacy CK-65263/SMIS) dokumentiert als Querschnitt durch die CBS-Jahre, warum er als „musician’s musician“ galt. 4,0

Als Bromberg 1971 seine Solo-Karriere startete, hatte besagter RAY DAVIES mit seiner Band erstmals zu einer neuen Plattenfirma gewechselt. Und weil die Rechte seit kurzem wieder gänzlich an ihn zurückgefallen sind, gibt es die ersten vier von fünfzehn LPs der RCA- und Arista-Jahre nun als Remaster: mit Bonus-Tracks und tnarginal besserer Überspielung als zuvor von Rhino, vor allem aber mit üppigen Liner Notes und reichlich Dokumentation. Der konzeptionell auf der US-TV-Serie „The Beverly Hillbillies“ basierende Songzyklus „Muswell Hillbillies“ (Vel-79719-2), 4,5, ist mit seinem Ragtime-, Blues-, Country- und Music-Hall-Mix immer eine sehr staunenswerte Kuriosität im Kinks-Katalog gewesen. Über Schein und Wirklichkeit, Uberflußgesellschaft und Hollywood-Showbusiness sang Ray bei „Everybody’s In Show Biz“ (Vel-79720-2, 3,5 ) mal amüsiert, mal nostalgisch gestimmt. Lieder, von denen einige zum Kanon der Kinks-Klassiker gehören. Das in der Carnegie Hall mitgeschnittene Konzert, LP 2 des ursprünglichen Doppelalbums, fiel dagegen doch beträchtlich ab. Auf die Lieblingsthemen der früheren Jahre englische Klassengesellschaft, „Spülstein-Realismus“ des „New British Cinema“, das ferschwinden von Swinging London usw. – kam Meister Davies in den beiden Teilen des „Preservation Act“-Konzeptzyklus zurück (Vel-79721-2 und 79-722-2, 2,0 ). Nur war der in seiner Wortlastigkeit und der Hilflosigkeit seiner Dramaturgie arger künstlerischer Absturz. Alle Erläuterungen und Interpretationen in den Liner Notes ändern nichts daran, daß dies ein so ehrgeiziges wie mißlungenes Werk ist.

Im selben Jahr 1971 nahm MARIANNE FAITHFULL auf Wunsch ihres langjährigen Produzenten einige Dutzend Songs auf, die komplett erst 1985 auf Doppel-LP erschienen. Mit dem identischen Titel „Rich Kid Blues“ (Diablo Records DIAB 861/contraire) wiederveröffendicht wurden nun zwölf dieser Aufnahmen. Das Teil mit den Cover-Versionen u.a. von Dylan- und James Taylor-, Sandy Denny- und Terry Reid-Songs hat stark dokumentarischen Charakter: Man hört dieser Stimme an, daß Marianne Faithfull auf dem Tiefpunkt ihrer Junkie-Karriere angelangt war. Keine Wertung.

1971 hatten STATUS QUO ein für allemal ins neue Fach gewechselt. Keine Psychedelica mehr und keine halbgaren Cover-Versionen mehr von Everly Brothers-Klassikern. Ab sofort war die Quo-Ara des „endless boogie“ angesagt Die Anfänge inklusive aller mehr oder minder gelungenen Aufnahmen unter früheren Band-Namen dokumentiert optimal „The Singles Collection 1966-1973“ (Castle CCSCD 821/contraire). 3,5

Ewig schon aus den Katalogen gestrichen sind die drei Original-LPs der WALKER BROTHERS aus den Jahren 1965 bis 1967 neu ab Remaster veröffentlicht worden, also das Debüt „Take It Easy With The Walker Brothers“ (Mercury 558 179-2, 4,0 ) mit legendären Randy-Newman-Raritäten und der frühen Scott-Walker-Komposition „You’re All Around“, die ja eigentlich ein Pop-Klassiker von derselben Ohrwurm-Qualität wie zwei Jahre später „Love Is All Around“ von den Troggs war; „Portrait“ (558 180-2, 4,5 ) ebenfalls mit diversen Singles, die man damals üblicherweise nicht auf Folge-LPs unterbrachte, darunter mit „The Sun Ain’t Gonna Shine Anymore“ eine der größten; schließlich „Images“ (558181-2, 3,0 ), an dessen höchst ausgefallener Songauswahl man schon ablesen konnte, welche Richtung ab sofort die Solo-Karriere von Scott Engel nehmen würde. Wer sich in Kenntnis der Original-LPs über die recht hohen Benotungen hier wundert, dem wollen wir dieses Rätsels Lösung nicht vorenthalten: Unter den zwei Dutzend (!) Bonus-Tracks auf diesen drei CDs findet man reichlich hochklassige rare Ware. Alles vorzüglich überspielt – und die Bonus-Singles in den authentischen Mono-Mixes.

Ein ziemliches Trauerspiel sind dagegen die Remaster von FRANK SlNATRAs LP-Klassikern seiner Capitol-Jahre. Drei von acht sind mittlerweile raus, und bei „In The Wee Small Hours“ darf man sich darüber grämen, daß bei der klanglich zu Tode „entrauschten“ Neufassung die Höhen drastisch gefiltert wurden; daß bei „Frank Sinatra Sings For Only The Lonely“ dazu weithin Hall auf Stimme und Instrumenten „weggerechnet“ wurde. Nur beim Swing-Klassiker „Come Dance With Me“ (Capitol 72434 94754 2, 5,0 ) fand man bei der auf „modernen“ Klanggeschmack getrimmten Frequenzbalance einen akzeptablen Kompromiß. Für die weiteren fünf avisierten Titel – durchweg Sinatra at his best! – muß man ähnlichen schlimmen Pfusch befürchten. Und lieber wieder die alten LPs auflegen…

Verblüffend, aber wahr: Aufnahmen der legendären EARL SCRUGGS REVUE, die mit ihrer Mischung aus Bluegrass und Country Rock, Blues und purer Country Music (Leadbellys „Ramblin‘ Round Your City“ genauso wie Hank Williams-, Johnny Cash-, Dolly Parton- und Dylan-Evergreens) in Rock-Zirkeln weit populärer wurden ab bei den verärgerten Bluegrass-Puristen, gibt’s seit kurzem überhaupt erstmab auf CD. Aber nicht von CBS, sondern in Lizenz von Oldies-Spezialist Demon auf der Retrospektive „Artist’s Choice: The Best Tracks, 1970 -1980“ (Edsel EDCD 552/contraire). Handverlesene 23 Aufnahmen, bei denen die Scruggs-Familie und berühmte Gäste exzellent so famoses Liedgut wie „Third Rate Romance“ musizieren. 3,5

Ein Jahr nach „The Essentiar hat BMG die ersten beiden LPs von GUY CLARK ab „twofer“ wiederveröffentlicht. Mehr in der nächsten Ausgabe.

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