REPLAYS1 :: von Franz Schöler

Dieselben frühen Solo-Aufnahmen von VAN MORRISON, die seit Jahren auf CD-Sets wie „Payin‘ Dues“ oder „Lost Tapes“ zirkulieren, wurden jetzt zum drittenmal veröffentlicht: auf der Doppel-CD „The New York Sessions ‚6T (EFA CD 88506). Pikant dabei: Die 18 Tracks der ersten CD sind klangtechnisch identisch mit den Remix/Remaster-Versionen der „Bang Masters“, die Mark Wilder 1991 neu produziert hatte. (Was die Sache womöglich zu einem Copyright-Fall für die Sony-Juristen in New York macht.) Bei den 31 rund einminütigen „Songs“ der zweiten CD handelt es sich um die berüchtigten „piss-takes“, die Meister Morrison damals aufnahm, weil er der Witwe des von ihm gehaßten Bert Berns vertraglich noch ein Album schuldete, bevor er mit Astral Weeks“ zu Warner Bros, weiterziehen durfte. Der kalkulierte Nonsens („Nose In Your Blow“), solo zu akustischer Klampfe gesungen und von der Witwe nie veröffentlicht, entzog sich immer jeglicher Wertung. Die berühmten Bang-Aufhahmen sind mit 4,0 fast zu knapp bewertet.

Sollte irgendwer die vielgerühmten ersten beiden RCA-Platten von GUY CLARK immer noch nicht kennen: unbedingt und umgehend reinhören! Als „twofer“ mit dem Debüt-Meisterwerk „Old No. 1“ gekoppelt, fehlen von „Texas Cookin'“ leider zwei Songs; ersatzweise bekommt man dafür aber auf „The Essential Guy Clark“ (RCA/ARIS 6367404-2) die Debüt-Single, die Guy Clark für sein gleichnamiges „Guy Clark“ auf Warner Bros, aufnahm und – unerhört! – in seiner eigenen Aufnahme dasselbe „Don’t Let The Sunshine Fool You“, das uns zumindest bislang nur in der Cover-Version von „The Late Great Townes Van Zandt“ geläufig war. Weil die Klangqualität der neuen Überspielungen – Original-Bänder? neues EQ ? – auch gleich um Klassen besser ausfiel als bei den beiden in Lizenz publizierten Edsel-CDs, erscheint hier die 4,5 als passende Note!

Vom Techniker-Team Tim Young und Jon Astley allen Ernstes nun erstmals von den Original-Stereo-Mixes, sprich nicht von den für LP-Umschnitt seinerzeit vorverzerrten Ü-Kopien überspielt, gibt es jetzt die acht Studio-LPs von ABBA sowie das 1986 nachgereichte „Live“. Das klingt zweifellos anders aus auf dem Box-Set „Thank You For The Music“, von dem man auch ein Dutzend Outtakes als Bonus-Tracks hier übernahm. Aber besser? Auch bei den allerbesten Pop-Werken der mittsiebziger Jahre wie „Arrival“ und „The Album“ – je 4,0 – ist der klangliche Zugewinn nicht spektakulär.

Bei BOBBY VINTONs „Sings ‚Blue Velvet‘ – His Greatest Hits“ (Epic EPS 487167 2) verblüffenderweise schon eher. Denn die Edel-Schnulzen, die diesen Crooner zum Teenie-Schwarm der frühen 60er Jahre machten, renovierten die Techniker von Sony vor Jahren schon in weiser Voraussicht mal gründlich in feinstem Ping-Pong-Stereo. Daß Mega-Hits wie „Blue On Blue“ fehlen, reduziert aber den Sammlerwert. 3,0

Bei den nächsten vier CDs der BYRDS, die jetzt restauriert vorliegen, fanden sie dafür noch viel bessere Voraussetzungen. Denn spätestens unter Tonmeister-Genie Roy Halee repräsentierten die CBS-Studios ab ’68 absolute State ofthe art in Sachen Aufnahmetechnik. Und auf gänzlich unterschiedliche Art waren sowohl „The Notorious Byrd Brothers“ (Columbia Legacy 4867512, 5,0 ), als auch das Country-Rock-Meisterwerk „Sweetheart Of The Rodeo“ (486752 2, 4,5 ) mit Gram Parsons als künstlerischem Leiter dieser neuesten Besetzung brillant realisierte Experimente in Sachen Rock-Sound. Entschieden konventioneller geriet das Folgewerk „Dr. Byrds & Mr. Hyde“ (486753 2, 3,0 ), das nur wenige Klassiker des Byrds-Katalogs enthielt. Immerhin markierte ganze neun Monate später „Ballad Of Easy Rider“ eine immer noch staunenswerte Rückkehr zu ganz großer Country-Rock-Form (486754 2, 4,5 ). Wieso die vielen Bonus-Tracks hier – 16 von 26 waren vorher noch nie veröffentlicht worden! – jahrzehntelang im Archiv verschollen blieben, wird kaum jemand plausibel erklären können. Neben den RCA-Aufnahmen von David Bowie und Dylans „Bootleg Sessions“-Box bieten die acht Byrds-CDs in puncto Rock zweifellos die beste Remastering-Qualität der CDÄra. Unter den „hidden tracks“ der neuen Byrds-CDs findet man am Ende von „Notorious…“ neben Radio-Werbespots eine faszinierende Episode: Während der Aufnahmen zu „Delphin’s Smile“ versuchen Crosby Hillman und McGuinn viele quälende Minuten lang einem frustrierten Michael Clarke – erst sanft eindringlich, dann wütend entnervt – zu erklären, wie er verdammt nochmal sein Schlagzeug entsprechend der Stimmung des Songs zu spielen habe. Peinliche Episoden und Streitigkeiten, wie man sie en masse in der aktualisierten Byrds-Biographie „Timeless Flight Revisited“ von Liner Notes-Autor Johnny Rogan nachlesen kann.

Produzent Gary Usher koordinierte damals übrigens auch die Aufnahmen zu „Begin“, dem ersten und einzigen Album des Progressiv-Rock-Quintetts THE MILLENIUM. Diese Produktion mit ihrer unglaublich avancierten Klangästhetik (Brian Wilson soll vor Neid fast geplatzt sein, als er erstmals hörte) verschlang 1968 Unsummen und wurde der teuerste Flop in der CBS-Geschichte. So gut wie nirgends zu finden, gibt es das legendäre Teil hier erstmals als Japan-Import (Columbia SRCS61O7/SMIS): Für die amerikanische Remasterversion gab man Sony angeblich keine Exportgenehmigung. 4,0

Noch mehr für Kenner: alle Veröffentlichungen der Pop-Rock-Legende THE IDLE RACE – mit und ohne Jeff Lynne bis zu dem Punkt, an dem sie 1972 zur Steve Gibbons Band mutierte – gibt’s endlich als Doppel-CD (EMI/I.R.S. 848162 2). Knapp 4,0

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