Richard Ashcroft – Human Conditions: Große Momente und Melodien vom Trauerkloß, der auch anders kann :: VIRGIN

Die Drogen brachten nichts. Denn selbst zu den berühmteren Band-Zeiten vermochten feine Substanzen oder hochwertige Alkoholika Richard Ashcrofts Songs nicht immer zu mehr Verve verhelfen. Stücke von Format hatte der Sänger natürlich stets in seiner Jackentasche. Zum Beispiel den über die Drogen. Aber häufig eben auch leidlich enervierendes Gekrächze, das sich weitestgehend melodiefrei durch ermüdende Arrangements quälte. „Urban Hymns“ als bedacht zusammengestellte EP – man hätte ihm eine Umarmung zumindest angetragen. Aber Ashcroft wollte wohl gar keine Umarmungen und veröffentlichte lieber zum Gelungenen auch noch den unnötigen Ausschuss.

Völlig befreit von derlei Redundanz ist auch „Human Conditions“ nicht. Doch wo sich das Solo-Debüt „Alone With Everybody“ zumeist noch in spröder Wehmut verlor, klingt die neue Platte um einige Nuancen kräftiger und intensiver. Wenngleich es natürlich kaum Überraschungen gibt: Der Mond ist halbvoll; das Glas dafür leer, doch Ashcroft nicht mehr ausschließlich ein Trauerkloß in Moll.

Und er hat endlich zu Melodie und großen Momenten zurückgefunden. Das achtminütige Streicherfeuerwerk „Check The Meaning“ wird durch simple Bläsersätze kontrastiert und somit angenehm aufgelockert. Wie überhaupt die orchestrale Opulenz auf den neuen Stücken etwas zurückgenommen wurde. Ein Song wie „Science Of Silence“ funktioniert durchaus auch ohne übertriebene Kandierung: die wunderschöne Komposition, der einfühlsame Gesang und nicht zu schwermütiger Text.

Lediglich das etwas hastige JBright Lights“ mag in diese leise und empfindliche Landschaft nicht recht passen. Richard Ashcroft auf E-Gitarreein anderes Mal vielleicht. Ziemlich rührend wird es noch einmal zum Schluss: Brian Wilson steuert zum berückenden „Nature Is The Law“ die unglaublichen Harmonies bei. Two against nature und den Kampf haushoch gewonnen.

Jahrelang sang Ashcroft verzweifelt gegen die Dämonen seiner fürwahr höchst merkwürdigen Kindheit. Noel Gallagher fasste es in „Cast No Shadow“ so zusammen: „As they took his soul they stole his pride.“ Doch Stücke wie „Paradise“ oder „Lord I’ve Been Trying“ lassen die Hoffnung anklingen, dass der lang ersehnte Sturm im Himmel endlich entfacht worden ist. Die Drogen braucht es dazu offensichtlich heute ebenso wenig wie den eiden Nick McCabe. Ein Leben unter anderen Vorzeichen ist für Richard Ashcroft mittlerweile das Bessere geworden. Und wirklich: Der glückliche Familienvater scheint trotz einiger langer Schatten seinen wenigstens vorläufigen Frieden gefunden zu haben.

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