Robert Forster & Grant McLennan – Intermission
Eigentlich hatte die Sammlung der besten Tracks aus den Solojahren von Grant Mc-Lennan und Robert Forster nur ein Zwischenspiel auf dem Weg zum nächsten Go-Betweens-Album werden sollen, nun ist sie ein Vermächtnis geworden. Ob es ein Zufall ist, dass die Regenschlieren auf dem Papp-Cover mit den zwei getrennt verpackten CDs darin von weitem betrachtet aussehen wie ein marmorner Grabstein?
Die Songs für seine Solo-„Best Of“ suchte Grant McLennan, der im Mai 2006 vollkommen unerwartet in seinem Haus in Brisbane starb, noch selbst aus. Und der Titel – „Intermission“ – war ebenfalls seine Idee. Wie auch schon der des letzten Go-Betweens-Albums. War es sonst fast immer Robert, der die Bandalben benennen musste, hatte er seinen Freund schon da getriezt, er sei jetzt an der Reihe. Und so heißt ihr letztes gemeinsames Meisterwerk „Oceans Apart“ und nicht – Roberts Idee – „Sideways“ (im Hinblick auf den wenig später erschienenen Rotweintrinker‘ Film gleiche Namens natürlich ein großes Glück).
Sideways- seitlich, seitwärts bewegten sich Robert und Grant auch in ihren Solojahren, quer zu Moden, an den meisten Hörern vorbei. In Ermangelung von Hits war „Intermission“ daher der Willkür der Kompilatoren ausgesetzt. Und Künstler sind ja selten die besten Kenner ihres eigenen Werkes. Doch in der manchmal etwas eigenwilligen Auswahl liegt gerade der Reiz dieser Sammlung letzter Hand, auf der sich die beiden so unterschiedlichen Protagonisten noch einmal vorstellen.
Forster, der pro Jahr in der Regel allerhöchstens eine Handvoll Songs schreibt, hatte es bei seiner Zusammenstellung etwas leichter als sein Partner Mc-Lennan, der mehr als doppelt so viel Material zur Auswahl hatte – und das, obwohl seine Nebenprojekte Jack Frost und Far Out Corporation nicht einmal berücksichtigt wurden.
McLennans Solowerk ist ziemlich durchwachsen, vom eigenen Ehrgeiz und der Plattenfirma getrieben, ließ er sich manchen hitkompatiblen zeitgeistigen Sound-Gimmick aufschwatzen und war ohne sein kreatives Korrektiv auch vor lyrischen Banalitäten nicht gefeit. Sein schönstes Werk, das Doppelalbum „Horsebreaker Star“, kommt auf „Intermission“ mit vier Songs etwas zu kurz, vom ungeliebten „Fireboy“ hätte es dagegen nicht unbedingt drei Stücke gebraucht. Doch es waren eben diese hier vertretenen 13 Songs, für die McLennan als Solokünstler erinnert werden wollte. Und wir erinnern uns gern – von Melodien euphorisiert, von der sanften Stimme verzaubert und beim Gedanken an diesen großherzigen kleinen Mann ganz sentimental. An „One Plus One“ und „In Your Bright Ray“ etwa, an „Hot Water“ und „Lightning Fires“ und vor aber allem an „Haven’t I BeenAFool“, „Easy Come, Easy Go“ und „Black Mule“ von dem damals etwas flach klingenden „Watershed“, die durchs Remastering an Gewicht und Kontur gewonnen haben und jetzt über diesen Umweg doch noch echte (wenn auch heimliche) Hits werden.
Forsters Ambitionen lagen sowieso immer jenseits der Hitparaden. Sein Solowerk war von großem Stilwillen geprägt, den er dann am besten umsetzte, wenn er neue musikalische Partner fand. So machte er mit Mick Harvey ein dichtes, dem Bandwerk ebenbürtiges Album {„Danger In The Past“), und mit Edwyn Collins kehrte nach dem spröden und unfertigen „Calling From A Country Phone“ und der etwas lustlosen Coverplatte „I Had A New York Girlfriend“ hier zu Recht nur mit Mickey Newburys „Frisco Depo“ vertreten – die Inspiration zurück.
Das Remastering für „Intermission“ hat alle Tracks noch mal gehörig entstaubt. Vor allem die „Country Phone“-Stücke profitieren davon erheblich. Etwa „Falling Star“, das Forsters Auswahl eröffnet und als frühes „Danger In The Past“-Outtake auch beschließt. Vermisst werden schmerzlich das flirrende „Warm Nights“ und das dichte, Dylans „Visions Of Johanna“ zitierende „Drop“. A handful of rain.
Rückblickend waren die Neunziger ein unterhaltsamer Zwischenakt für die Go-Betweens-Songwriter, und er hatte ein Happy-End, denn als McLennan und Forster Ende des Jahrzehnts ohne Plattenvertrag dastanden, kamen sie als Go-Betweens zurück, und es folgten Songperlen wie „Spirit“, „The Locust Girls“, „Caroline And I“, „Boundary Rider“, „Here Comes A City“, „Finding You“ und zuletzt „Stone“, ein todtrauriges Demo von der „Here Comes A City“-Download-Single. „Stone turns to sand“, singt McLennan da. Doch das marmorne „Intermission“ wird wie all die anderen Platten dieser beiden ungleichen Freunde bleiben.